Symmetrie der Großstadt

Chinesisches Kulturzentrum zeigt »Luftbildaufnahmen des alten und neuen Beijing«

  • Kilian Klenze
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Fotos sind beeindruckend, viele von hinreißender Stimmung. Mit 52 großformatigen Luftbildaufnahmen wirbt der renommierte Ma Wenxiao im Chinesischen Kulturzentrum für sein Land. Hoch aus dem Flugzeug lässt sich ein wesentliches stadtplanerisches Prinzip erkennen: Symmetrie steht in China für den Wunsch nach Ordnung und Harmonie. Alle Aufnahmen stammen aus den letzten Jahren, zeigen also den aktuellen Stand. Gleich die ersten widmen sich dem weltberühmten historischen Teil von Beijing (Peking), mit Blick auf die Mittelachse, die vom Tiananmenplatz durch das Tor des Himmlischen Friedens direkt durch die Verbotene Stadt führt.

Und schon tauchen Superlative auf. Tiananmen ist mit 800 mal 500 Metern der größte Platz der Welt und fasst eine Million Menschen. Für 24 Kaiser von der Ming- bis zur Qing-Dynastie war die Verbotene Stadt dahinter der Palastbezirk und das Zentrum politischer Macht. Aus roten Wänden geformt, mit gelben Ziegeln bedeckt sind die Paläste – im Gegensatz zu den grau gedeckten Häusern für das einfache Volk außerhalb des Herrschaftsbezirks.

Wie nach dem Baukastensystem angelegt in ihrem Ordnungsstreben wirken etwa die hinteren Paläste, der Wohnort des Kaisers und seiner Konkubinen. Auf der Spitze eines Bergs erhebt sich noch in der Mittelachse ein Tempel, dessen quadratischer Platz für die Erde, sein Rundtempel für den Himmel steht. Größter Bau für Himmelsopfer ist der Himmelstempel, 200 Jahre alt, umgeben von einem 200 Hektar großen Park mit 2500 Zypressen.

Auch auf den Imperialen Tempel und die Imperiale Akademie, in der jeder neue Kaiser seine Antrittsvorlesung hielt, um den Wert von Bildung zu demonstrieren, fällt der Luft-Blick. Nicht zu übersehen ist, dass der Palastbezirk in gebührendem Abstand bereits neubauumzingelt ist. Künstlich wie vom Himmel selbst geschöpft liegt an einem See der Sommerpalast. Seen, in China Meere genannt, begrenzen auch die Verbotene Stadt.

Außerhalb liegen wichtige Gebäude: links die Große Halle des Volkes als Parlament, dahinter der Wohnbezirk der Politprominenz, rechts das Nationalmuseum. Maos Mausoleum bildet gleich hinter dem Eingang das Zentrum der Kaiserstadt. Wie sich Symmetrie auch in Beijings Neubaugebieten fortsetzt, zeigen weitere Fotos. Die hundertjährige Universität hält Wenxiao im Luftbild fest, die metallglänzende Halbkugel der Nationaloper und das Vogelnest genannte Nationalstadion, in kühnem Schwung für die Olympischen Spiele 2008 gebaut. Gigantisch mit einer Million Quadratmetern fällt das 3. Terminal des Internationalen Flughafens aus, ein wieder in strenger Symmetrie lagernder Drache. Eine der neuen Alleen, die an der Nationaloper vorbeiführt, ist 38 Kilometer lang, Symbol des Aufbaueifers ebenso wie das Gewirr gewundener, höhengestaffelter Stadtbahntrassen.

Auch wenn die Exposition »Luftbildaufnahmen des alten und neuen Beijing« heißt, fängt die Kamera weitere Sehenswürdigkeiten des Landes der Mitte ein. Historisches Relikt sind die Ming-Gräber, größte Grabansammlung für Kaiser weltweit. Gigantoman wirkt der mit 4,3 Milliarden Litern Fassungsvermögen wohl größte Stausee Asiens, wie ein barocker Park in seinen geometrischen Arealen der Internationale Blumenmarkt. Da ist China dann ganz so, wie man es (verklärt) erwartet: in den traumhaften Motiven der endlosen Großen Mauer, die sich über Bergkämme zieht, durch Täler windet, aus dem Wald ragt oder im Schnee liegt.

Bis 30.7., Chinesisches Kulturzentrum, Klingelhöferstr. 21, Infos unter www.c-k-b.eu

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.