Volkslimousine und Staatskarosse
Das DDR-Museum wird erweitert / Auch ein Restaurant öffnet an der Spreepromenade
Das DDR-Museum am Berliner Dom wird erweitert: Auf 800 Quadratmeter verdoppelt sich die Ausstellungsfläche. Mit knapp 400 000 Besuchern pro Jahr gehört das kleine Museum zu den beliebtesten der Hauptstadt.
Schlangestehen ist angesagt. Obwohl das eigentlich nicht zum Konzept der Initiatoren gehört. Doch es hat sich herumgesprochen, dass mitten in Berlin der sozialistische Alltag wieder lebendig wird. »Geschichte zum Anfassen« nennt Museumsdirektor Robert Rückel das Motto der Dauerausstellung.
Vor allem Touristen aus dem In- und Ausland wollen sehen, wie die Menschen in der DDR wirklich lebten. Aber die im Sommer vor vier Jahren eröffnete Einrichtung stößt inzwischen an ihre Kapazitätsgrenzen. Und deshalb wird das Museum jetzt vergrößert: Anstatt 400 Quadratmeter steht künftig doppelt so viel Ausstellungsfläche zur Verfügung. »Wir konnten im Dom Aquarée hinter den derzeit genutzten Räumen weitere anmieten«, sagt Rückel. Er hofft, dass Ende September der neue Bereich zur Verfügung steht.
Seit Wochen setzen Handwerker das Projekt praktisch um. Ein Team unter Leitung des Historikers Stefan Wolle und der Architekt Frank Wittmer lieferten das Konzept: Genau wie in den bereits vorhandenen Bereichen werden die Besucher animiert, Exponate anzufassen und Objekte zu benutzen. »Nur so wird Erlebtes lebendig, interaktiv und einprägsam vermittelt«, ist der Museumschef überzeugt. Die Besucher werden mitgenommen auf eine spannende Zeitreise in die DDR-Vergangenheit. »Eigenes Wissen wird erweitert, Klischees überdacht«, sagt Rückel.
Dafür stehen demnächst noch mehr Bereiche zur Verfügung. Es sind vor allem Themen, die bislang unzureichend oder überhaupt nicht betrachtet wurden. Wirtschaft, Nationale Volksarmee, Ideologie, Partei und Staat gehören dazu. Auch der Komplex Staatssicherheit wird erweitert – Aspekte wie Gefängnis und Verhör dargestellt.
Die im Maßstab 1:20 vorhandene Plattenbausiedlung, die als lebendige Kulisse den normalen Alltag aus Sicht der DDR-Bürger darstellt, bekommt allerdings keine Aufstockung. Stattdessen soll nun symbolisch für den Bereich Partei und Staat eine Kreiskonferenz der SED ins Zentrum des neuen Ausstellungsbereiches gerückt werden. Große Propagandafotos und interaktive Module zur Jugendorganisation FDJ, zur Gewerkschaft FDGB und zu Blockparteien vervollständigen das Bild.
»Viele interaktive Installationen fordern die Besucher zum Mitmachen auf«, sagt Robert Rückel. Ein neues Highlight werde auf jeden Fall die Volvo-Staatskarosse – das Pendant zur schon ausgestellten Volkslimousine Trabant. Sitzproben sind ausdrücklich erwünscht.
Rund eine Million Euro investiert das private Museum, das sich ausschließlich durch die Eintrittsgelder finanziert, in den Erweiterungsbau. Zudem öffnet an der Spreepromenade ein Restaurant – die Domklause. Eine Reminiszenz an die gleichnamige Gaststätte, die einst im alten Palasthotel an dieser Stelle untergebracht war. Auch der Buch- und Souvenirladen hat demnächst mehr Platz zur Verfügung.
Rund 164 000 Objekte umfasst gegenwärtig die umfangreiche Museumssammlung. Vor allem private Haushalte spendierten die Exponate aus dem Alltagsleben. Wichtig ist dem Museumsteam auch der Dialog mit den Gästen: In einem Besucherbuch können sie ihre Meinung ausdrücken. Und im Besucherzentrum an der St. Wolfgang-Straße 2 finden regelmäßig Veranstaltungen, Workshops und Seminare statt.
DDR-Museum, Karl-Liebknecht-Straße 1, 10178 Berlin. Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag von 10 bis 20 Uhr, Sonnabend von 10 bis 22 Uhr. www.ddr-museum.de.
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