Uraltes Friedrichsfelde

Archäologen suchten das Mittelalter und fanden die Bronzezeit / Grabungen werden fortgesetzt

  • Klaus Teßmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist eine kleine Sensation: In Lichtenberg entdeckten Archäologen erste Spuren einer Siedlung aus der frühen Bronzezeit. Bei Grabungen an der Kirche in Friedrichsfelde fanden sie ein Gefäß aus dieser Epoche. Es ist der erste Nachweis dafür, dass vor rund 2700 Jahren dort Menschen gelebt haben. Denn wenn ein Vorratsbehälter gefunden wurde, muss es auch eine Siedlung gegeben haben, schlussfolgerten die Archäologen. Das Gefäß von etwa 40 Zentimeter Durchmesser diente vor über 2700 Jahren zur Aufbewahrung von Getreide.

»Mit Funden aus der Bronzezeit hat keiner gerechnet«, erklärte der leitende Archäologe Michael Hofmann vom Landesdenkmalamt. Sie waren auf der Suche nach Zeugnissen aus dem Mittelalter und den vergangenen 130 Jahren. Die Gelegenheit zu den Grabungen ergab sich durch die Bauarbeiten an der Straße Am Tierpark. Dies war die Chance, nach Resten der mittelalterlichen Kirche und dem Fundament der Kaiser-Wilhelm-Kirche zu suchen, die an der Stelle des heutigen Gotteshauses an der Alfred-Kowalke-Straße gestanden hatte und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

Vom 1. Juni bis 16. Juli forschten die Experten rund um das Areal. Was sie zutage förderten, ist für die Berliner Stadtgeschichte von Bedeutung. Gefunden wurden die gut erhaltenen Kalkstein-Fundamente der Kirche aus dem Jahr 1887. Zur Überraschung der Archäologen kam dabei auch eine sehr gut erhaltene Kupferkassette ans Tageslicht (ND berichtete). Darin lagen Tageszeitungen und genaue Berichte über den Bau der Kirche mit Angaben zu den Spendern für den sakralen Bau und die Orgel.

Spannend für die Archäologen war auch der Fund eines Gräberfeldes. Die 160 Ruhestätten aus dem Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert liegen zum Teil unter der Straße Am Tierpark und an der Kowalkestraße.

Eigentlich sollten die Grabungen am 16. Juli beendet sein, doch dann machten die Forscher den überraschenden Fund aus der Bronzezeit. Das Gefäß wurde inzwischen rekonstruiert. Es ist ein Keramiktopf mit einer Ornamentleiste am oberen Rand. Durch die Entdeckung entsteht ein ganz neues Bild von der Frühgeschichte im Berliner Raum. »Im August werden wir deshalb die Grabungen fortsetzen«, kündigte Michael Hofmann an. Er hofft auf weitere Spuren für eine Siedlung aus der Bronzezeit (700 v. Chr.).

Die Archäologen gehen davon aus, dass sie auf den Rand einer Siedlung gestoßen sind. »Wir werden mehrere Suchgrabungen vornehmen«, erklärte Hofmann. Das sind Gräben, die 90 Meter lang und vier Meter breit sind. Das Ergebnis wird dann entscheiden, ob noch weitere Grabungen erfolgen. »Auf alle Fälle ist es ein neues Kapitel in der Dorfgeschichte von Friedrichsfelde«, erklärte Hofmann. Die Archäologen hoffen darauf, nun Fundamente von Hütten, Feuerstellen oder Werkzeug aus der Bronzezeit zu finden. »Damit bekommen wir Rückschlüsse auf die Größe dieser Siedlung aus der Bronzezeit.« Funde aus dieser Periode wurden in Lichtenberg noch nicht gemacht. Aber für den Archäologen ist er erklärlich, denn auf alten Stadtplänen ist wenige 100 Meter von dieser Stelle entfernt noch der Kraatsgraben eingezeichnet. »Solche Stellen waren in der Frühgeschichte besonders für Siedlungen geeignet«, erläuterte Hofmann. »Das Wasser war wichtig für die Ernährung von Menschen und Tieren.« Die Grabungen werden in der ersten Augustwoche wieder aufgenommen. Die Forscher erwarten neue Erkenntnisse aus der Vergangenheit Friedrichsfeldes.

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