Alte Konflikte in Jemen neu entflammt

Unterentwicklung bleibt erste Ursache

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 2 Min.
Während die EU-Kommission am Montag eine Finanzhilfe von zehn Millionen Euro für humanitäre Nothilfe in Jemen bewilligt hat, sind bei Kämpfen im Land mehr als 70 Personen getötet worden.

Die Hilfsgelder sollen Flüchtlingen und Vertriebenen zugute kommen, darunter sowohl Bootsflüchtlinge aus Afrika als auch mehr als 100 000 jemenitische Inlandsvertriebene, die zwischen August 2009 und Februar 2010 vor Kämpfen in Nordjemen flohen.

Die jemenitische Nachrichtenagentur SABA berichtete, dass in der Umgebung der Ölfelder von Al-Ukla (Provinz Schabwa im Südosten des Landes) sechs Soldaten und drei angebliche Al-Qaida-Kämpfer getötet worden seien. Die Armee habe einen Angriff auf das Ölfeld des österreichischen Energiekonzerns OMV abgewehrt. Aus der Zentrale des Konzerns in Wien hieß es, man habe »keine Indikationen, dass es sich um einen direkten Angriff auf die OMV gehandelt hat«. Ziel des Angriffs war Beobachtern zufolge ein Armeestützpunkt in der Nähe der Ölfelder, die von Soldaten geschützt werden.

Die Regierung von Präsident Ali Abdullah Saleh hat den Kampf gegen Al Qaida in den vergangenen Monaten verstärkt, nachdem westliche Politiker und Terrorexperten beklagt hatten, die Organisation habe militärische Ausbildungslager in Jemens Stammesgebieten und plane dort Anschläge auf Ziele in anderen Staaten. Das jemenitische Militär wird von US-amerikanischen Militärberatern unterstützt, westliche Staaten und der Golfkooperationsrat haben finanzielle Hilfe zugesagt.

Präsident Saleh, der das arabische Land seit 32 Jahren regiert, steht das Wasser bis zum Hals. Im Süden hat wegen politischer und wirtschaftlicher Vernachlässigung durch die Zentralregierung eine Unabhängigkeitsbewegung enormen Zulauf. Die Region war von 1967 bis 1990 als Volksdemokratische Republik Jemen ein unabhängiger, sozialistisch orientierter Staat.

Verlustreiche Kämpfe ereignen sich auch in der nordjemenitischen Provinz Sa’ada. Dort war im Februar ein monatelanger Krieg zwischen Kämpfern der Houthi, dem militanten Arm der schiitischen Sekte der Zaiditen, auf der einen und jemenitischen Truppen, regierungsnahen sunnitischen Stämmen und saudischer Armee auf der anderen Seite zu Ende gegangen. Im Nachrichtensender »Al Alam« machte der Generalsekretär der Al-Haq-Partei, Hassan Zaid, Saudi-Arabien für die Spannungen in der Provinz mitverantwortlich. Lokale Stämme erhielten seit dem Sturz der Monarchie in Jemen 1962 Unterstützung von Saudi-Arabien, das sich damit seinen Einfluss sichern wolle. Zudem akzeptiere Saudi-Arabien die Vermittlung Katars nicht, das zuletzt 2007 einen Waffenstillstand zwischen der Houthi-Bewegung und der Regierung ausgehandelt hatte. Kürzlich hatte Katar Jemen angeboten, sich auch in den Konflikt mit der südjemenitischen Unabhängigkeitsbewegung einzuschalten.

Die anhaltende Unruhe im Norden Jemens hat ihre Ursache vor allem in der wirtschaftlichen Unterentwicklung der Region. Aber auch die Rivalitäten zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Saudi-Arabien spielen eine Rolle. In ihrem Streben um regionale Vorherrschaft spielen beide bei der Suche nach Verbündeten auch die religiöse Karte.

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