Alphorn und Yodelgroove
Das RadialSystem V wird für ein Wochenende »Schweizgenössisch«
Das RadialSystem, mit Schweizer Flagge am Schornstein, inmitten schneebedeckter Berge, eine Gemse reckt sich dem Alphornbläser entgegen. Ganz so radikal wie auf dem Werbefoto wird es auch bei der zweiten Ausgabe des Festivals »Schweizgenössisch« nicht zugehen. »Die Schweiz in Berlin« heißt es am Wochenende vom 31. Juli auf den 1. August aber schon in der Spielstätte direkt an der Spree. Dort tummelt sich dann, was man den Eidgenossen an Klischees nachsagt. Dass alles letztlich doch ganz anders als erwartet ausfällt, dafür bürgt das RadialSystem als Hort des urig Ungewöhnlichen. Eröffnet wird das Festival am Samstagabend von zwei Formationen der Sonderklasse: Erika Stucky sowie den Bläsern von Hornroh. Das Alphornquartett Hornroh entstand 2000 für einen Auftritt bei den Münchner Opernfestspielen. Leiter Balthasar Streiff bläst Trompete, singt und ist ebenso in Bildender Kunst, Theater, Performance, Film daheim. Auch seine Kollegen, Trompeter, Posaunist, Tubistin, spielen in Opern- respektive Radio-Sinfonieorchestern. Mehrere Performances hat Hornroh für das In- und Ausland erarbeitet. Mit verschiedenen Hörnern, Rohren, Mundstücken erzeugen die Alphorn-Virtuosen eine facettenreiche Klangwelt.
Aus San Francisco siedelte Erika Stucky in die Schweiz über, absolvierte eine Gesangs- und Schauspielausbildung in Paris und ihrer Geburtsstadt, gründete 1985 ihre erste Band, der weitere folgten. So war sie 1994 Vokalsolistin der George Gruntz Concert Band, spielte 2005 im Film »Heimatklänge« und errang mit ihren Alben mehrere Auszeichnungen. Exklusiv beim Festival stellt sie ihr neues Soloprogramm vor. »Suicidal Yodels« ist eine lautmalerische, ironisch exaltierte Achterbahnfahrt durch ihre Biografie und bietet auch besinnliche Momente. Der Jodel-Weg führt von San Francisco bis in die Zentralalpen, von Flower Power bis zur zarten Almblume, vom afrikanischen Busch bis zum augenzwinkernden Psychogramm diverser Jodeltypen. Nichts ist ganz ernst gemeint, traumwandlerisch die Gratwanderung zwischen Improvisation, Video, minimalistischer Weltmusik. Blueshafte Songtexte sorgen für feine Zwischentöne.
Beim Familienbrunch am Sonntagvormittag stehen weitere Genüsse für die Ohren an. Eingeleitet wird er mit der »Stubete an der Spree«, was ursprünglich ein Treffen von Volksmusikanten meint. Mit dem Unterschied, dass im Schweizer Oktett Musiker aus den Orchestern Zürich und Basel spielen. Vor ihrem klassischen Hintergrund arrangieren und interpretieren sie Volksmusik neu, machen sie »philharmonisch«. Spontan, witzig und authentisch mischen sich dabei Virtuosität, Klangvielfalt, Ensemblespiel. Schweizer Tänzen gewinnen sie so Unerhörtes ab, überraschen durch ungewohnte Harmonien im Bekannten. Gipsy-Swing und Schweizer Volkslied bringen anschließend Adam Taubitz und seine Band zusammen. Als ehemaliger Stimmführer bei den Berliner Philharmonikern ist Taubitz hier kein Unbekannter mehr. Mit Neugier auf Jazz erlernte er autodidaktisch das Trompetenspiel, rief 1999 The Berlin Philharmonic Jazz Group ins Leben, tourte mit ihr durch Europa und Japan. Festes Mitglied ist er zudem in Basler und New Yorker Ensembles. In Berlin werden Taubitz und seine Band auch über Schweizer Volksmelodien improvisieren. Tickets gibt es ohne Brunch und mit, Spreefahrten sind dann inklusive.
31.7., 1.8., RadialSystem V, Holzmarktstr. 33, Friedrichshain, Kartentelefon 288 78 85 88, Infos unter: www.radialsystem.de
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