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Migranten, hört die Signale!

Mit einem Partizipations- und Integrationsgesetz will der Senat Nachteile für Zuwanderer abbauen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin ist Vorreiter: Als erstes Bundesland will die Stadt ein Partizipations- und Integrationsgesetz auf den Weg bringen. Das beschloss gestern der rot-rote Senat. Wenn alles klappt, soll das Gesetz bis zum Ende des Jahres im Abgeordnetenhaus abgestimmt werden, so dass es noch zum 1. Januar 2011 in Kraft treten könnte. Dass das Thema Integration kein politisches Randthema mehr ist, zeigte gestern die Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) bei der Senatspressekonferenz, der das Gesetzesvorhaben gemeinsam mit der Integrationssenatorin Carola Bluhm (LINKE) vorstellte.

»Wir wollen Migranten die Möglichkeiten zur gleichberechtigten Teilhabe geben«, erklärte Wowereit. Ohne sich auf eine feste Quote festzulegen, geht es dem Senat vor allem darum, die Zahl der Migranten im Öffentlichen Dienst zu erhöhen. Künftig, das regelt beispielsweise das Gesetz, zählt interkulturelle Kompetenz zu Kernanforderungen bei Einstellungen und Beförderungen. Nach und nach, so hoffen Wowereit und Bluhm, wird sich durch diese Öffnung der Anteil der Menschen mit Migrationserfahrungen signifikant erhöhen – damit die Zahl der Migranten in der Verwaltung einmal dem realen Anteil in der Bevölkerung entspricht.

Um dieses Ziel überprüfen zu können, hat der Senat eine neue Definition dessen formuliert, was einen Migrationshintergrund ausmacht. »Es gab lange Diskussionen darüber«, räumte Bluhm gestern ein. Letztlich sei aber die Entscheidung, Kinder aus der dritten Generation von Einwanderern auszunehmen, richtig und wichtig gewesen. Im Unterschied zu anderen Definitionen gelten nach dem Berliner Partizipations- und Integrationsgesetz demzufolge als Migranten: Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, im Ausland geborene und seit dem 1. Januar 1950 nach Deutschland eingewanderte Personen und Kinder, bei denen mindestens ein Elternteil eingewandert ist. Kinder von hier geborenen oder Eingebürgerten fallen somit raus. Nach Angaben des Berliner Integrationsbeauftragten Günter Piening sind nach dieser Definition derzeit rund 23,5 Prozent der Berliner Migranten.

Neben der Schaffung einer gesetzlich verbrieften Grundlage für die Chancengleichheit beinhaltet das Gesetz eine Reihe weiterer Regelungen. So werden sowohl die Bedingungen für einen Landesbeauftragten für Integration geregelt als auch für einen Landesbeirat. Auf Bezirksebene werden für 35 000 Euro darüber hinaus Integrationsausschüsse und die Stelle eines Integrationsbeauftragten verbindlich festgelegt. In den neuen Institutionen sollen die Maßnahmen diskutiert werden, mit denen die Hemmnisse für Migranten abgebaut werden können. Die Bezirksbeauftragten fungieren auch als Ansprechpartner für die lokalen Vereine und Initiativen.

Das Partizipationsgesetz beinhaltet darüber hinaus eine Reihe von Änderungen anderer Gesetze: Vor allem die Einführung der sarglosen Bestattungen sorgte in den vergangenen Tagen für Aufsehen. Demnach sollen in Berlin ab 2011 auch Bestattungen nach muslimischem Brauch in Leichentüchern auf dafür ausgewiesenen Flächen möglich sein. Denn auch das bedeutet Integration: Dass es die Wahlmöglichkeit gibt, betonte Carola Bluhm.

Migranten in Berlin

  • Jeder vierte Berliner hat einen Migrationshintergrund – nach der neuen Berliner Definition, die im Integrationsgesetz verankert ist, besitzen rund 23,5 Prozent einen Migrationshintergrund.
  • Unter den insgesamt 3,38 Millionen Einwohnern Berlins machen nicht-deutsche Staatsangehörige ca. 13,2 Prozent aus. Dazu kommen die zahlreichen Migranten, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, unter ihnen auch mehre zehntausend Aussiedler, die aus Osteuropa und Zentralasien nach Deutschland gekommen sind.
  • In Berlin leben Migranten aus über 180 Nationen. Die größten Gruppe ohne deutschen Pass stellen die Communities aus der Türkei (111 285), Polen (43 700) sowie Serbien und Montenegro (22 251) (Stand 2008) dar.
  • Bei den Neugeborenen hat jedes zweite einen Migrationshintergrund. Junge Migranten stellen mit 40 Prozent in Berlin eine wachsende Gruppe in der Bevölkerung. Während jetzt noch 25 Prozent aller Schulabgänger einen Migrationshintergrund haben, werden es in zehn Jahren 50 Prozent sein.
  • Die Zahl der arbeitslosen Einwanderer liegt mit 31 Prozent aller Erwerbsfähigen in Berlin so hoch wie in keinem anderen Bundesland. MK
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