Werbung

Kleingärtner fliegen auf Tegel

Verband wünscht sich Parzellen auf ehemaligen Flughäfen / Stadtentwicklungssenatorin geehrt

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sie, Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe auch, und nun kann sich Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) damit schmücken: Am Sonnabend wird ihr beim Sommerfest in der Neuköllner Kleingartenanlage »Am Buschkrug« die Wilhelm-Naulien-Medaille, höchste Auszeichnung der Berliner und Brandenburger Kleingärtner, verliehen.

Manchen Laubenpieper mag die Auszeichnung von Junge-Reyer verwundern, denn nicht weit entfernt vom Ort der Ehrung müssen gerade 317 Parzellen der Verlängerung der Stadtautobahn A 100 weichen, und in Wilmersdorf gibt es wütenden Proteste gegen das Auslaufen der Schutzfrist für die Anlage »Durlach« noch in diesem Jahr. Man hege damit auch eine »Zukunftserwartung«, begründete Edgar Thomas, Kuratoriumsvorsitzender der nach dem langjährigen Vorsitzenden der Westberliner Kleingärtner benannten Wilhelm-Naulien-Stiftung, die Ehrung. »Wir erwarten, dass sich die Kleingartenfläche nicht weiter verringert«, so Thomas. Und Berlins Kleingartenchef Peter Ehrenberg forderte, auch den Anlagen eine Zukunft zu geben, die bisher keinen dauerhaften Bestandsschutz genießen.

Das sind immerhin 18 Prozent der insgesamt rund 900 kommunalen Kleingartenanlagen mit 70 000 Parzellen. Junge-Reyer hält sich zugute, dass mit der Fortschreibung des Kleingartenentwicklungsplans die Schutzfristen von 146 Anlagen, das sind 85 Prozent der befristeten, bis 2020 verlängert wurden. Sie vertraue auf die weitere politische Diskussion und dass man dann 2015 oder 2018 weitere Anlagen dauerhaft unter Schutz stellen könne, sagte Junge-Reyer und lobte die Kleingärten als »Rückzugsoasen mitten in der Stadt« und Bestandteil einer »ökologisch orientierten Musterwirtschaft«, die einen »wesentlichen Beitrag zu einer lebendigen sozialen Stadt« leiste. Sollte in der einen oder anderen Anlage die Schutzfrist auslaufen, werde man bei der Suche nach Ersatzflächen helfen oder neue Kleingärten ausweisen, versprach sie.

Mit 300 von der A 100-Verlän- gerung betroffenen Kleingärtnern seien bereits Räumungsverträge abgeschlossen, sagte Junge-Reyer. Sie würden faire Ausgleichsangebote und Ersatzparzellen erhalten, so die Senatorin. Laut Manfred Hopp, Vorsitzender des Bezirksverbands Berliner Süden, haben aber erst 78 Pächter Ersatzangebote in einer neuen Anlage nahe dem Britzer Garten erhalten. »Da fordern wir mehr«, so Hopp.

Ehrenberg wünscht sich zudem, dass dieser Ersatz für die Pächter möglichst »fußläufig« zu erreichen ist. Generell sei der Bedarf an den Gärten groß, in der Innenstadt müssten Bewerber bis zu fünf Jahre warten, es gebe keine Leerstände. Der Verbandschef hat deshalb auch neue Flächen im Visier: Der Flughafen Tegel stoße in seiner Organisation auf großes Interesse, und den ehemaligen Flughafen Tempelhof könnte man nutzen, »um die Attraktivität einer modernen Kleingartenanlage« zu demonstrieren. Nachnutzungsvorschläge, die bei der designierten Preisträgerin auf Sympathie stießen. In der Nordwestecke von Tegel, da wo ohnehin eine »naturnahe Situation« herrsche, könne sie sich auch Kleingärten vorstellen, und bei der Internationalen Gartenbauausstellung 2017 in Tempelhof werde auch der Kleingarten der Zukunft Thema sein.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.