Notizen aus Venedig

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: ca. 5.0 Min.

Venedig erinnerte Thomas Mann an Lübeck, was nicht unbedingt naheliegend scheint, aber von ihm selbst bezeugt ist. Aber natürlich nicht das Lübeck, aus dem er einmal fortlief, sondern an jenes, nach dem er sich lebenslang zurücksehnte: »ein ins Orientalisch-Phantastische übersetztes Lübeck«. Noch in seinem kalifornischen Exil sprach er von Venedig als seiner »zweiten Heimatstadt«. Es war die »Todesvornehmheit«, die ihn hier faszinierte, gepaart mit jener erotischen Aufgeladenheit, wie sie das südliche Licht erzeugt. Ein Arzt riet ihm darum, Venedig, besonders den Lido zu meiden, die Reize seien zu stark für ihn. Es spricht für ihn, dass er sich nicht daran hielt. In Venedig läuft immer ein Tristan herum, der seine Isolde sucht. Übrigens ist der »Palazzo Vendramin«, in dem Richard Wagner starb, heute ein Spielcasino.

Noch vor hundert Jahren hielten die Italiener jeden Deutschen, der in ihr Land kam, für homosexuell, gewiss ein Vorurteil...


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