Die schleichende Machtübernahme
Brüssel fordert immer mehr Kompetenzen ein – auch durch die Hintertür
Der Widerspruch war absehbar: Anfang der Woche forderte EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski die Einführung einer europäischen Luftverkehrsabgabe und von Finanztransaktionssteuern, die ebenso wie die Einnahmen aus der geplanten Versteigerung von CO2-Emissionsrechten unmittelbar nach Brüssel fließen sollen. Eine direkte EU-Steuer aber lehnen die meisten Mitgliedstaaten bisher ab. Auch dem jüngsten Vorstoß aus der Kommission dürfte wenig Erfolg beschieden sein. Er illustriert aber den Versuch Brüssels, immer mehr Kompetenzen an sich zu reißen.
Wer noch glaubt, bei der EU gehe es um das Wohl der Menschen, um Frieden und Verständigung der Völker auf dem Kontinent – Gedanken, die zur Gründung der Gemeinschaft nach dem Zweiten Weltkrieg führten und die die EU-Oberen bei Selbstbeweihräucherungen gern auftischen – der muss es sich gefallen lassen, als naiv zu gelten. Längst weht ein anderer Geist durch die Institutionen in Brüssel, Luxemburg und Straßburg. Nicht nur Geld und Geschäfte lenken viele Entscheidungen. Auch zum Schlachtfeld der Machtpolitik ist die EU geworden. Es geht um Posten, Einfluss und Egoismen.
Fast unbemerkt geht vor sich, was man mit schleichender Machtübernahme der EU bezeichnen kann. Statt zu diskutieren, schafft die EU Fakten. In immer mehr Bereiche des gesellschaftlich-politischen Lebens versucht sie vorzudringen und Kompetenzen zu erobern, die ihr vertraglich eigentlich nicht zustehen – siehe als jüngstes Beispiel die Steuerpolitik.
An vor...
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