Geschichtskabinett und Einkaufsmeile

Mit einem Geschäftsstraßenmanagement soll die Karl-Marx-Allee aufgewertet werden

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Von der einstigen Vorzeige-Magistrale zum Boulevard ohne Einkaufsflair: Die Karl-Marx-Allee hat längst ihren Rang als Prachtstraße zum Shoppen und Verweilen eingebüßt. Jetzt will der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein Geschäftsstraßenmanagement installieren. Ziel ist es, mehr Kaufwillige und Touristen in die Straße zu locken.

Als Europas längstes Wohndenkmal oder Schauplatz der dramatischen Ereignisse um den 17. Juni 1953 wird die Karl-Marx-Allee schon lange wahrgenommen. »Aber eben nicht als Einkaufsstraße, da fehlt ihr der Charakter«, sagt der Friedrichshain-Kreuzberger Wirtschaftsstadtrat Peter Beckers (SPD). Damit die Leute wieder gern über den Boulevard zwischen Frankfurter Tor und Alexanderplatz schlendern, soll es jetzt ein Geschäftsstraßenmanagement geben: Eine Agentur, die Ansprechpartner für die Gewerbetreibenden ist und Projekte ankurbelt, damit mehr Besucher in die Straße kommen.

Vor allem auf vier Bereiche soll sich die Arbeit konzentrieren. Dazu zählen die Verbesserung der Aufenthaltsqualität, die Vernetzung verschiedener Maßnahmen, die Schaffung neuer Parkplätze sowie gemeinsame Marketing-Aktionen. Für den Zeitraum von eineinhalb Jahren sei das Management ausgelegt, berichtet Beckers. Finanziert werde das Vorhaben mit EU-Fördergeldern. Inzwischen ist eine Ausschreibung gelaufen, bei der es fünf Bewerbungen gab. »Bis Anfang September entscheiden wir über den Zuschlag und dann geht es los«, erklärt der Wirtschaftsstadtrat.

Schließlich sind die 140 Gewerbetreibenden der Allee seit Längerem von der U-Bahn-Baustelle geplagt, bei der die BVG Tunneldecken sanieren lässt. Durch diese Mammut-Reparatur bleiben zusätzlich viele Lauf-Kunden weg, beschreibt Beckers die schwierige Situation der Händler und Gastronomen.

Aus seiner Sicht müssten deshalb dringend Werbemöglichkeiten geschaffen werden. An Bauzäunen oder an den Umleitungsstrecken beispielsweise. »Dazu gibt es Gespräche mit der BVG«, sagt Stadtrat Beckers.

Auch mit den Immobilieneigentümern ziehe man an einem Strang. Vor allem das Thema Ladenleerstand stehe ganz oben auf der Dringlichkeitsliste. Und es gibt erste Erfolge, wie Martina Wronna von der Aktiva-Hausverwaltung bestätigt. »Wir setzen auf Mieter mit besonderen Angeboten aus der Kunst- und Modelabel-Szene«, sagt sie. Wo vorher eine Bank war gibt es jetzt eine Architekturgalerie, nicht weit davon entfernt zogen zwei Kunstgalerien in ein ehemaliges Konfektionsgeschäft. Zu den Neuen gehören auch Verlage, Filmgesellschaften und Ärzte. Erschwert werde manche Vergabe durch die Denkmalschutzrichtlinien, betont Martina Wronna.

Im Gegensatz zu den Ladenlokalen gebe es kaum freie Wohnungen. Pro Block stünden nur ein bis zwei Quartiere leer, so die Aktiva-Mitarbeiterin.

Begehrt sind Stadtführungen durch die Karl-Marx-Allee mit ihren sieben- bis neungeschossigen Bauten, denen immer wieder »stalinistischer Zuckerbäckerstil« zugeschrieben wird. Das Gesamtensemble wird den Gästen oft von einer Dachterrasse präsentiert. Über den Wunsch vieler Touristen, auch mal eine Wohnung von Innen zu besichtigen, verhandeln gerade Hauseigentümer und Stadtführer. Wie die Idee einer »Besichtigungswohnung« allerdings umgesetzt wird, steht noch nicht fest.

Für Wirtschaftsstadtrat Peter Beckers ist es wichtig, Magneten zu schaffen, damit Besucher Gründe haben, anzuhalten: Er denkt dabei unter anderem an eine gemeinsame Weihnachtsbeleuchtung der Händler sowie an die Eröffnung eines Computerspielemuseums.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -