Noch normal?

LINKE Skandale

  • Lesedauer: 3 Min.

Ungeheuerliche Verleumdungen, ohne einen einzigen Beweis, haltlose Vermutungen, politischer Rufmord, vollkommen absurd – der Schlagabtausch wird heftiger in der LINKEN. Angesichts der immer häufigeren Personalquerelen in dieser Partei kann man feststellen: Ja, sie ist angekommen – in der bundesdeutschen Parteienlandschaft. Eine Partei wie jede andere. Stinknormal. Kein Deut edler und erhabener, souveräner oder solidarischer als die anderen. Da wird intrigiert und spioniert, diffamiert und diszipliniert. Wie beim politischen Gegner. Man erinnere sich an das Stoiber-Pauli-Duell, das Seehofer als lachender Dritter gewann. Oder an Becks traurigen Abgesang und Abgang, die Genossen kannten kein Mitleid.

Die Geschichte der SPD ist nicht arm an Beispielen des Machtgerangels. Wehner, Brandt, Schmidt schenkten sich gegenseitig nichts. Und als Scharping beim Streit um den Parteivorsitz Lafontaine unterlag, ward ihm nur noch ein Seufzer gestattet: »Manches, Oskar, hat sehr weh getan.«

Nach dem Fall Bartsch hat die LINKE nun ihren Fall Ernst. Wie ernst wird das noch? Denn diese Partei ist doch keine wie jede andere. Sie kam nicht aus dem Nichts. »Die Geschichte der Arbeiterbewegung – vor allem ihrer kommunistischen Strömungen – ist begleitet von der Instrumentalisierung von Pauschalvorwürfen«, bemerkt Jürgen Hofmann von der Historischen Kommission der LINKEN im (zufällig zur Bartsch-Affäre) erschienenen Band »Verrat. Die Arbeiterbewegung zwischen Trauma und Trauer« (Karl Dietz Verlag, 384 S., 39,90 €; Foto: Archiv).

Nicht nur die Genossen vom ostdeutschen Strang der LINKEN dürften sich noch erinnern oder vom Studium der Geschichte wissen, wie dereinst schnell mit bösen Verdächtigungen Gleichgesinnte ausgegrenzt, ausgeschlossen, abgestoßen worden sind. Und es waren nicht nur jene Kampagnen gegen Luxemburgismus, Brandlerismus, Trotzkismus, Titoismus etc. in den 20er bis 50er Jahren, die die Partei und »die Sache« amputierten und ausbluteten. Die Arroganz der Führung in späteren Jahren gegenüber Kritik der Basis am abgehobenen Führungs- oder Lebensstil wirkte sich fatal aus.

Auch der (heute vor 66 Jahren im KZ Buchenwald von den Nazis ermordete) KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann hatte seinen Skandal. 1928. Auch da ging es um Geld, Gier, Einfluss und Macht. Thälmann wusste um die Bereicherung des Sekretärs des KPD-Bezirkes Wasserkante John Wittorf aus der Parteikasse, hat diese jedoch lange verschwiegen und vertuscht. Damals beschloss die Führung der Partei einmütig – auch nicht ganz uneigennützig, aber zuvörderst aus moralischem Impetus –, dass bis zur Klärung des Falls alle Ämter von Thälmann ruhen sollten. Bekanntlich sprach dann im fernen Moskau Stalin ein Machtwort.

Moskau als das Rom des Kommunismus gibt es nicht mehr. Den Kommunismus ebenso nicht. Aber das schwere Erbe lässt sich nicht ausstreichen. Darum ist DIE LINKE keine normale Partei und ist lauterer Umgang miteinander gerade in dieser geboten. Redlichkeit und Ehrlichkeit dürften vor allem von führenden Genossen zu erwarten sein. Die Basis ist nicht Stimmvieh und Stellenbeschaffer, will nicht ausgenommen und ausgetrickst, schon gar nicht für Machtkämpfe instrumentalisiert werden. K.V.

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