Antiislamische Zentrale in Marzahn eröffnet

Pro-Gruppierung mietet Geschäftsstelle an / Stadtkewitz schließt Parteigründung rechts der CDU aus

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die ganz zentrale Lage ist es nicht geworden. Großspurig hatte sich, so war zu hören, die extrem rechte Parteineugründung Pro Berlin vorgenommen, ein Büro mit angeschlossenem Saal in Berlin-Mitte mieten zu wollen. So um die 400 Quadratmeter. Von dort aus wollte die extrem rechte Gruppierung den kommenden Abgeordnetenhaus-Wahlkampf steuern. Und die Stadt mit antiislamischen Postwurfsendungen überschwemmen, etwa gegen den Beitritt der Türkei in die Europäische Union.

Doch wie bereits beim Bundesparteitag der Rechtspopulisten Mitte Juli im Rathaus Schöneberg klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Pro-Gruppen immer eine Lücke: Die Verteilaktionen werden jedenfalls ab sofort statt in Mitte in der frisch eröffneten 70 Quadratmeter großen Geschäftsstelle in Marzahn geplant. Und auch das ist gar nicht mal so sicher.

Denn der Vermieter, die DIBAG AG, prüft nach ND-Informationen inzwischen, den Mietvertrag mit Pro Deutschland für die Räume in der Allee der Kosmonauten 28/28a wieder zu kündigen. Der Grund: Der Vertrag könnte möglicherweise unter Vorspielung falscher Tatsachen zustande gekommen sein. Es kann also durchaus sein, dass die Geschäftsstelle schnell wieder geräumt werden muss.

»Die DIBAG arbeitet daran, den Mietvertrag zu beenden«, bestätigt die Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf, Dagmar Pohle (LINKE), gegenüber ND. Generell habe der Bezirk kein Interesse daran, dass Pro Deutschland mit seinem Ableger Pro Berlin hier sein Quartier aufschlägt. Schließlich stehe Marzahn-Hellersdorf seit Jahren für einen Bezirk, der sich gegen Nazis und Fremdenfeindlichkeit wehre, so Pohle. »Die Rechten-Zentren liegen inzwischen woanders«, betont sie. Auch für antiislamische Ressentiments gebe es keinen Platz.

Widerstand schlägt den Kölner Pro-Funktionären weiterhin auch vom Bündnis »Rechtspopulismus stoppen« entgegen, in dem sich Parteien, Gewerkschaften, Jugendverbände und migrantische Organisationen zusammengeschlossen haben. »Unabhängig von der juristischen Prüfung der Mietverträge werden wir die Aktionen von Pro weiter kritisch begleiten«, kündigt Bündnis-Sprecher Dirk Stegemann an. Unter anderem auch zur offiziellen Eröffnung der Marzahner Räume am 19. August. Derzeit versucht das Bündnis darüber hinaus, alle Bezirke an einen Tisch zu bringen, damit kein Ausweichort für die Antiislam-Zentrale besteht.

Die Mini-Lösung für die neue Geschäftsstelle ist indes ein weiterer Hinweis darauf, dass das finanzielle Engagement des schwedischen Rechtsextremisten Patrik Brinkmann bei Pro Deutschland wesentlich geringer ausfällt, als es sich die Pro-Funktionäre erhofft hatten. Auch jüngste Ankündigungen des Unternehmers Brinkmann, sich für ein Zusammenbringen der antiislamischen Kräfte in Berlin einzusetzen sowie Pro Deutschland und das ehemalige CDU-Mitglied René Stadtkewitz an einen Tisch bringen zu wollen, um eine Partei rechts von der CDU zu gründen, entpuppen sich ebenfalls als reine Wunschvorstellungen.

»Ich habe momentan keine Absichten, eine neue Partei zu gründen«, erklärt das Abgeordnetenhausmitglied Stadtkewitz dem ND. Ihm geht es zurzeit vielmehr um seine Verteidigung gegen das laufende Ausschlussbegehren aus der CDU-Fraktion. Was die Avancen des Berliner Pro-Ablegers angeht, erteilt Stadtkewitz diesen eine klare Absage: »Ich will mit denen nichts zu tun haben, und habe mit denen nichts zu tun.« Und: Eine Zusammenarbeit mit Pro sei »definitiv ausgeschlossen«.

Die Vorbereitungen für den Besuch des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders am 2. Oktober in Berlin, der auf Einladung Stadtkewitz' kommt, laufen allerdings weiter. Beim Besuch des umstrittenen Politikers, dessen Einladung Stadtkewitz den erneuten Ärger mit der CDU eingebrockt hat, soll es nicht nur eine Rede, sondern auch Programm geben.

Ohne Widerstand soll indes auch diese antiislamische Zusammenkunft nicht über die Bühne gehen. Eine Demonstration ist in Planung.

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