Anonyme Angriffe auf die Haushaltssperre

Heute gibt es im Landtag eine Sondersitzung des Finanzausschusses / Koalition sieht keine ernsthaften Probleme

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.

Ernsthafte Probleme beim Stadtumbau in Brandenburg lassen sich nach Auffassung des Landtagsabgeordneten Axel Henschke (LINKE) nicht auf die derzeit gültige Haushaltssperre zurückführen. Wie er gestern sagte, hängt das mehr vom Willen der Ministerien ab, die Haushaltssperre zu verstehen. Heute findet im Landtag eine Sondersitzung des Finanzausschusses zur Haushaltssperre statt.

Henschke bestritt gestern nachdrücklich, dass mehr Erklärungen von Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) bei der Verhängung der Sperre die Situation tatsächlich geändert hätten. Das sei nicht das Problem gewesen. Hier sei eher Vertrauen und Verlässlichkeit innerhalb der Ministerriege und innerhalb der Ministerien selbst gefragt.

Nach einem drohenden Überziehen des Kredits bis Jahresende hatte Markov eine teilweise Haushaltsperre verhängt, es aber den Fachkollegen weitgehend selbst überlassen, wo sie die Schere ansetzen. Er war davon ausgegangen, dass auf diesem Wege ein maßvoller, ausgewogener Kürzungsprozess in Gang gesetzt werden könne, der eben keine substanzielle Schädigung hätte bedeuten müssen.

Überrascht wurde auch Markov dadurch, dass nun aber die Sperre nicht ausgewogen und mit Augenmaß umgesetzt wurde, sondern dass einfach ganze Haushaltstitel über Nacht auf Null gesetzt worden waren. Das hatte Schockwellen und Aufregung ausgelöst, die bei einer Sperrung von weniger als einem halben Prozent des gesamten Investitionsvolumens nicht zwingend gewesen wären.

Vor einigen Tagen erst hatte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) betont, durch die Sperre sei bislang kein einziges Projekt beeinträchtigt gewesen, durch »Umschichtung« habe man dies auffangen können.

Die Frage, ob in Kreisen der Ministerialbürokratie gezielt Stimmung gegen die rot-rote Landesregierung gemacht werde, ließ Henschke demonstrativ offen. Nach einer bezeichnenden Pause sagte er, an derartigen Spekulationen werde er sich »nicht beteiligen«.

Acht Kommunen suchte Henschke gerade auf, um sich über den Stadtumbau in Brandenburg zu informieren. Alle Gespräche seien zweigeteilt gewesen, erzählte der Abgeordnete. Zunächst sei die Kritik an der angeblichen Abschnürung laut geworden, später aber – nach Einsicht in die tatsächlichen Umstände – Verständnis: Ihr macht das schon.

Seit vier Sozialisten im November vergangenen Jahres Minister wurden, müssen sich sie in ihren Ressorts auf Beamtenapparate stützen, die in den vergangenen 20 Jahren unter Regierungen bestückt wurden, in denen die LINKE nie vertreten war. Stattdessen hatte es Regierungen unter Beteiligung von CDU beziehungsweise FDP und Bündnis 90 gegeben. Dass sich die Begeisterung über die rot-rote Koalition bei einigen Beamten in Grenzen hält, liegt zumindest nahe. Es ist vorstellbar, dass ein Handeln bis hin zur Sabotage vorkommt. Ein »Dienst nach Vorschrift«, der bewusste Verzicht auf Konstruktivität, kann dafür schon ausreichen. Erzeugt wurde die komplizierte Haushaltslage nicht von den LINKEN. Ferner würde ins Drehbuch passen, dass eine schwierige Situation erzeugt wird, deren Auswirkungen Markov in die Schuhe geschoben werden könnte. Dabei gehört es zum Spiel, dass ausgewählte Journalisten und Politiker der nunmehr oppositionellen CDU, FDP und Grünen mit Informationen aus erster Hand versorgt werden.

Wie die Dinge liegen, kann kein Minister auf ein Mindestmaß an Loyalität der Beamten verzichten. Dass es offensichtlich Indiskretionen im Finanzministerium selbst waren, die zu einer zeitweilig unklaren Situation führten, bezeichnete Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) als »Unding«. Auf die Frage nach Reaktionen auf eine eventuelle Illoyalität sagte er: »Man wird so etwas nicht komplett verhindern können.«

Die Kampagne gegen Markov begann mit Hinweisen, bei deren Veröffentlichung sich Medien auf Mitarbeiter der Landesregierung beriefen, die immer ungenannt blieben. So notorisch wie anonym wurde dem Minister vorgeworfen, »nicht rechnen« zu können. Die Finanzsituation sei auf eine neue und untaugliche Weise von anderen Mitarbeitern als bisher ermittelt worden.

Nichts davon sei wahr, sagte Markov. Das Berechnungsverfahren sei das gleiche wie früher auch gewesen, und dieselben Mitarbeiter waren daran beteiligt. Vor einigen Tagen bekräftigte der Finanzminister, dass die Sperre bestehen bleiben müsse. Alles andere sei vor dem Hintergrund der enormen Neuverschuldung und auch des zu erwartenden Haushaltsdefizits im kommenden Jahr nicht zu verantworten. Unterstützt wurde er dabei vom Präsidenten des Landesrechnungshofes.

Nach den Worten des Ministerpräsidenten ist die Haushaltsperre »sinnvoll und angemessen«. Die sich anschließende massive Kritik an der Maßnahme durch Opposition und einzelne Medien nannte Platzeck »überzogen«. Die Auswirkungen der Sperre seien wesentlich geringfügiger gewesen, als von dieser Seite behauptet.

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