Suche nach Google-Grenzen
Kabinett will im Herbst Gesetzentwurf zum Internetdatenschutz vorlegen
Harmloser Stadtplanersteller oder Privatsphäre fressender Internetkrake? Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die momentane Diskussion um den Internetbilderdienst Google Street View, wobei deutsche Politiker größtenteils zum zweiten Extrem tendieren. Mit den Panoramafotos, die der US-Internetriese Google möglichst bald zu einem vollständigen, dreidimensionalen Bild des Globus zusammenfügen und mit verschiedensten anderen Informationen verknüpfen will, hat sich das ideale Sommerlochthema aufgetan. Am Mittwoch besprach das Kabinett nun, welche gesetzlichen Regelungen in Zukunft »ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Geschäftsinteressen und auch vor allem Verbraucherinteressen« herstellen könnten, wie Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) im Deutschlandfunk forderte.
Der Vorschlag des Bundesrates, eine »Lex Google« zu erarbeiten, traf in der Regierung bereits im Vorfeld auf wenig Gegenliebe. Sie strebt dagegen eine Anpassung des Bundesdatenschutzgesetzes an die Erfordernisse des Internetzeitalters an. Angesichts anderer Geodatendienste wie Google Earth, Microsoft Bing Maps oder Sightwalk, die bereits jetzt für deutsche Städte verfügbar sind, und tausender Internetseiten, die Daten sammeln und verknüpfen, griffe eine nur auf Google zugeschnittene Lösung wohl auch zu kurz.
Einen »konkreten Gesetzgebungsvorschlag« will die Regierung laut eigener Aussage nicht vor Herbst präsentieren. Am 20. September findet dazu ein Spitzengespräch der Koalition mit Datenschutzexperten statt. Die Bundesländer kritisierten am Mittwoch diese aus ihrer Sicht zu zögerliche Haltung. Der Koordinator der unionsregierten Länder, Wolfgang Reinhart (CDU), sagte, die Bürger wollten schnell Rechtssicherheit.
Aus der Wirtschaft dagegen bekommt die Koalition wohl ein Lob für ihre Terminplanung: Am Morgen hatte der Präsident des Computerbranchenverbandes Bitkom, August-Wilhelm Scheer, »strategische Netz-Politik statt symbolischer Einzelaktionen« gefordert.
Indessen läuft die Widerspruchsfrist gegen Street View. Verbraucher können bis 15. September Einspruch gegen die Abbildung ihres Hauses im Internet einlegen. Die monierten Fotos will Google vor dem Start des Programms unkenntlich machen. Auch später kann Widerspruch eingelegt werden, die Bilder werden aber zunächst im Netz zu sehen sein.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.