Kommerz runter vom Bebelplatz

Kulturausschuss setzt 31. Dezember 2010 als Frist zur Lösung des Konfliktes um das Denkmal

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Am Denkmal auf dem Bebelplatz
Am Denkmal auf dem Bebelplatz

»Es ist sicherzustellen, dass auf dem Bebelplatz ab 1.1.2011 keine kommerziellen Veranstaltungen mehr stattfinden.« Diese Aufforderung verabschiedete gestern der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses mit den Stimmen aller Fraktionen außer der FDP. Ersucht hatte der Petitionsausschuss um eine Stellungnahme zum »Umgang mit dem Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz«.

Für den Senat versicherte der für Kultur mit verantwortliche Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD): »Wir werden den Bezirk selbstverständlich unterstützen bei der Suche nach einem anderen Ort.« Die Fashion Week »muss nicht auf dem Bebelplatz sein«, räumte er ein. Allerdings sei es nicht leicht, in der Mitte Berlins einen geeigneten Ort zu finden, klagte Wowereit. Weil man kein Interesse an einer Absage gehabt habe, sei dieser Ort »noch einmal« genehmigt worden. Bei der Begründung der Stellungnahme hatte Brigitte Lange (SPD) bereits Angebote unterbreitet. So nannte sie als Alternativen den Washingtonplatz am Hauptbahnhof und – offenbar schon etwas favorisiert – die Straße des 17. Juni zwischen sowjetischem Ehrenmal und Platz des 18. März. Hier könnten die derzeit laufenden Umbaumaßnahmen bis Ende des Jahres beendet sein.

Nicht um Pro oder Kontra einer Fashion Week gehe es, versicherte Wolfgang Brauer (LINKE). »Es geht um diesen Bebelplatz.« Der sei als Denkmal zu betrachten und mit besonderer Sensibilität zu behandeln. Dort gehörten auch keine Eis- und Rodelbahnen hin, keine 50 Ferraris, wenn Menschen der Bücherverbrennung gedenken. Zum Stichwort öffentlicher Raum stellte Thomas Flierl (LINKE) klar, nunmehr solle eine »Einschränkung des allgemeinen Gebrauchs zurückgenommen« werden. Zu verzichten sei auch auf Werbung, Zelte und Märkte.

Eine grundsätzliche Verständigung über den Umgang mit kommerziellen Veranstaltungen im öffentlichen Raum regte Alice Ströver (Grüne) an. Sie plädierte für eine zurückhaltende Nutzung des Bebelplatzes. Ihr Fraktionskollege Oliver Schruoffeneger verwies auf das Zusammenspiel von Denkmal und Platz, das nicht vergleichbar mit anderen Denkmälern sei. »Mit Remmidemmi zerstöre ich dieses Kunstwerk.«

Im Kulturausschuss entwickelte sich eine angeregte und anregende Debatte. Uwe Lehmann-Brauns (CDU) sähe gern einen Verzicht auf Gedenken in »sehr nüchterner Art und Weise«. Er hätte lieber Ernst Barlachs »Geistkämpfer« an diesem Ort gesehen. Sein Fraktionskollege Michael Braun würde Plätze wie Lustgarten oder Potsdamer Platz bevorzugt in Verantwortung des Senats und nicht von Bezirksämtern sehen.

In Differenziertheit versuchte sich Klaus-Peter von Lüdeke (FDP). »Respektvoll« wollte er mit dem Denkmal umgehen, der Platz selbst sei aber keines. Wie auch die Fashion Week keine kommerzielle Veranstaltung sei – es werde ja vor Ort nichts verkauft.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.