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Mitte-Mann
Stefan Grüttner / Der Offenbacher wird hessischer Minister für Arbeit, Familie und Gesundheit
Dass sich der designierte hessische Ministerpräsident Volker Bouffier einen neuen Chef für seine Staatskanzlei suchen könnte, war schon länger im Gespräch, galt doch der bisherige, Stefan Grüttner, vor allem als Gefährte Roland Kochs.
Die Kompetenzen des 53-jährigen CDU-Politikers Grüttner für sein neues Amt als Minister für Arbeit, Familie und Gesundheit können nach heutigem Maßstab geradezu als überdurchschnittlich gelten. Seit bald zweieinhalb Jahrzehnten an politischen Stellen tätig, war der Volkswirt zuletzt Demografiebeauftragter der hessischen Landesregierung. Nach seiner »Strategie der demografischen Trendwende« sollten u. a. »ältere Menschen ihre Erfahrungen, Neugier und ihr Engagement in die Arbeitswelt, die Familien und in die Bürgergesellschaft einbringen«. Vermutlich meinte er, wenn die Alten ehrenamtlich bis zur Bahre buckeln würden, wäre die älter werdende Gesellschaft kein Problem.
Zwischen Arbeit und Gesundheit weiß er abzuwägen. Obwohl Befürworter des Flughafenausbaus in Frankfurt am Main, »von dem auch Offenbach in hohem Maße profitieren wird«, weiß er um die Grenzen: »Jobs sind aber nicht alles. Ich setze mich aktiv auch dafür ein, dass alle notwendigen Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden.« Zuletzt brüstete er sich, ein »hervorragendes Paket« zum Schallschutz geschnürt zu haben. Die Grünen warfen ihm dagegen vor, das Interesse der Offenbacher an einem Nachtflugverbot den Interessen der Flughafenbetreiber untergeordnet zu haben.
»Ich stehe für eine Politik der Mitte und des Ausgleichs und nicht von linken Extrempositionen«, sagte Stefan Grüttner vor den hessischen Landtagswahlen 2008. Das demonstrierte er bereits Ende der neunziger Jahre, als ihm die Abschiebung bosnischer Kriegsflüchtlinge zu zögerlich vonstatten ging und er im Einvernehmen mit den Republikanern in der Offenbacher Stadtverordnetensitzung die Einrichtung eines multikulturellen Bürgerbüros abwendete. Absprachen dementierte er übereifrig, was die »Offenbach-Post« zu dem Kommentar veranlasste, die Kommunalwahlprogramme der Parteien ähnelten sich ohnehin. Beide forderten »übereinstimmend unbarmherzig: Ausländer und Sozialhilfeempfänger raus, mehr Polizei rein.«
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