»Mit Rechtsstaatlichkeit hat der Fall nichts zu tun«

Weltweit wird am 12. September für die Freilassung der so genannten Cuban Five demonstriert

  • Lesedauer: 3 Min.
Ramón Labañino, Antonio Guerrero, René González, Gerardo Hernández und Fernando González sind die so genannten Cuban Five oder Miami Five. Die »Fünf« wurden am 12. September 1998 in den USA unter Spionagevorwurf verhaftet. Tatsächlich beobachteten sie gewaltbereite Gruppen des kubanischen Exils und gaben Informationen über deren Aktivitäten nach Havanna weiter. Über die Situation der Häftlinge anlässlich des 12. Jahrestages sprach mit Edgar Göll vom deutschen Netzwerk Kuba für ND Martin Ling.
Edgar Göll vom deutschen Netzwerk Kuba
Edgar Göll vom deutschen Netzwerk Kuba

ND: Der Prozess 2001 gegen die sogenannten Cuban Five in den USA. wurde von neutralen Beobachtern als nicht mit rechtsstaatlichen Maßstäben vereinbar charakterisiert.. Seitdem gibt es immer wieder Versuche, den Prozess neu aufzurollen. Wie ist der aktuelle juristische Stand?
Göll: Das ist eine definitiv sehr komplexe Materie, insbesondere wegen der politischen Bedeutung. Die bisherigen Revisionsverfahren wurden im Grundsatz alle zurückgewiesen, lediglich die Strafmaße in zwei Fällen geringfügig nach unten korrigiert. Mit Rechtstaatlichkeit hat der Fall nichts zu tun. So werden einzelne Gefangene zeitweise in Isolationshaft gehalten und Ehefrauen mehrerer Gefangener wird seit 1998 verwehrt, ihre Männer im Gefängnis zu besuchen. Es gibt anscheinend keine Handhabe, rechtlich dagegen vorzugehen. Derzeit wird versucht, auf Grund neuer Beweismittel das Verfahren noch mal aufzurollen, speziell im Fall Gerardo Hernández. Der Erfolg ist aber mehr als ungewiss.

Durch den Regierungswechsel von George Bush zu Barack Obama hat sich nichts geändert?
Da hat sich nichts getan. Und das, obwohl inzwischen auch Amnesty International, das sich lange Zeit zurückgehalten hat, immer wieder versucht zu intervenieren. So haben schwedische Soli-Gruppen ein Schreiben an Michelle Obama mit der Bitte verfasst, dass sie sich für die Ausweitung des Besuchsrechts einsetzten soll. Soweit ich das einschätzen kann, hat das alles bisher nicht wirklich gefruchtet. Das mag einerseits dem Rechtssystem der USA geschuldet sein, aber auf der anderen Seite sicher auch sehr stark dem politischen Hintergrund und der feindseligen Haltung der USA gegen Kuba.

In den US-Medien wird der Fall der Cuban Five weitgehend totgeschwiegen. Andererseits hat die Vorsitzende des Komitees zur Befreiung der Cuban Five in den USA, Gloria La Riva, vor kurzem mittels US-Informationsfreiheitsgesetz nachgewiesen, dass US-Journalisten von US-Behörden bezahlt worden sind, um gegen die Cuban Five Stimmung zu machen. Wie erklärt sich dieser scheinbare Gegensatz?
Die besagten Journalisten arbeiten in Florida. Außerhalb des Bundesstaates Florida gibt es kaum Informationen über den Fall und nur ein paar Linke, die sich für diese Thematik ernsthaft interessieren. Im Bundesstaat Florida mit seinen vielen Exilkubanern hat sich die Stimmung in den jüngeren Generationen und den mittleren Generationen gedreht: Sie wünschen eine Normalisierung der Beziehung und ein Ende der seit 50 Jahren dauernden Blockade. Deswegen sollten in spezifisch dieser Region käufliche Journalisten bei führenden Printmedien in Miami bezahlte Propaganda durchführen.

Für den 12. September hat die Solidaritätsbewegung weltweit Aktionen geplant. Was genau?
Weltweit gibt es zahlreiche Solidaritätsbekundungen, zum Beispiel in vielen Städten der USA – in Washington, in San Francisco, Los Angeles, Boston. Kundgebungen, Mahnwachen, das Spektrum ist breit. Auch in Großbritannien, Spanien, Kanada und vielen anderen Ländern wird es solche Kundgebungen geben. Hier in Berlin ist am Sonntag ab 12 Uhr auf dem Pariser Platz eine Mahnwache und Kundgebung vor der US-Botschaft vorgesehen. Wir werden an einen Vertreter der US-Botschaft einen Brief überreichen, worin die Freilassung der Cuban Five gefordert wird. Und wir werden mit Transparenten und mit Flugblättern dort versuchen, die Passanten über diesen Fall aufzuklären. Auch hierzulande gibt es noch reichlich Aufklärungsbedarf. Der Veranstalter – das Solidaritätskomitee ¡Basta Ya! beim Netzwerk Cuba – Informationsbüro - e.V. – freut sich über eine rege Teilnahme.

Weitere Informationen unter: www.miami5.de, www.freethefive.org, www.antiterroristas.cu

Abbildung: www.fgbrdkuba.de
Abbildung: www.fgbrdkuba.de
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