Sklave der Vergangenheit
Tom Segev schrieb eine Biografie über Simon Wiesenthal, Überlebender des KZ Mauthausen und Nazi-Jäger
Überlebender des KZ Mauthausen und Nazi-Jäger, politisch rechts stehend und mit Hitlers Rüstungsminister Albert Speer sowie konservativen Politikern wie Kurt Waldheim und Helmut Kohl freundschaftlich verbunden, Zionist, Mossad-Agent, Humanist und Buchautor: Das alles war der Österreicher Simon Wiesenthal. Kaum eine andere Persönlichkeit der jüngsten Zeitgeschichte vereinte in sich so konträre Eigenschaften. Heute stellt der israelische Historiker TOM SEGEV im Jüdischen Museum in Berlin seine Biografie »Simon Wiesenthal« (Siedler Verlag, 576 S., geb., 29,95 €) vor, die ein neues Licht auf das dramatische Leben des 2005 im Alter von 97 Jahren verstorbenen weltbekannten Verfolgers von NS-Schergen wie Eichmann und Mengele wirft. Mit Tom Segev sprach ADALBERT REIF.
ND: Herr Segev, was veranlasste Sie, eine Biografie über Simon Wiesenthal zu schreiben, obwohl von ihm selbst eine Autobiografie vorliegt?
Segev: Wiesenthal hat in der Tat mehrere Male seine Lebensgeschichte diktiert. Auch gibt es Biografien von Alan Levy und Hella Pick. Aber es gibt keine Biografie, die frei und unabhängig auf den Dokumenten beruht, die Wiesenthal hinterlassen hat. Ich hatte als erster völlig freie Einsicht in seine Unterlagen, auch in seine Privatakten. Seine Tochter freute sich, dass jemand die Archive durcharbeite, weil es so viel gebe, das sie über ihren Vater nicht wisse.
Kannten Sie Simon Wiesenthal?
Ich habe ihn zwei Mal interviewt, 1975 anlässlich der Kreisky-Affäre und 2000, als Jörg Haider sehr stark wurde. Er war ein eindrucksvoller Mann. Umringt von Zeitungsbergen, saß er in einem ganz bescheidenen Büro am Schreibtisch. Das faszinierte mich. Und ich fand ihn umso faszinierender, je länger ich an dem Buch a...
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