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Schlagen erlaubt – in 88 Ländern

Gewalt gegen Kinder weltweit geduldet / UNICEF fordert Beschwerdestellen

  • Jenny Becker
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach einem Jahr im Amt zog die UN-Sonderbeauftragte zu Gewalt gegen Kinder am Montag in Berlin eine erste Zwischenbilanz. Gemeinsam mit UNICEF kritisierte sie die fortwährende Duldung von Gewalt und machte Vorschläge zur Verbesserung des Kinderschutzes.

Schwerste Kinderrechtsverletzungen wie Prostitution, Zwangsheiraten oder Kinderarbeit sind trotz internationaler Ächtung millionenfach verbreitet. Laut UNICEF wird Gewalt gegenüber Kindern weltweit »vielfach hingenommen oder gar als sinnvolle Disziplinierungsmaßnahme akzeptiert«. Schläge in Schulen seien in 88 Ländern erlaubt. Im Rahmen ihres Deutschlandbesuchs warb die portugiesische Kinderrechtsexpertin und UN-Sonderbeauftragte Marta Santos Pais für umfassende Strategien im Kinderschutz. »Prävention muss eine Priorität der Sozialpolitik werden«, forderte sie. Der Schutz von Kinderrechten müsse ganz oben auf der politischen Agenda stehen, strikte Gesetze und nationale Aktionspläne seien nötig.

Bisher hätten nur 25 Staaten, darunter Deutschland, alle Formen von Gewalt gegen Kinder gesetzlich verboten. 20 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention sei weltweit »noch nicht genug Respekt für Kinder da«, kritisierte auch Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. Der Weltkindertag am 20. September steht darum unter dem Motto »Respekt für Kinder«. Gewalt gegen Kinder sei ein »Massenphänomen«, bleibe jedoch oft unsichtbar, so Schneider. Denn vielfach gingen körperliche Züchtigung, Missbrauch und Ausbeutung gerade von Menschen aus, denen die Kinder am meisten vertrauten – von Verwandten, Nachbarn oder Erziehern. Rund 275 Millionen Kinder würden jedes Jahr Zeuge von gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Familie. Zwischen 20 und 65 Prozent der Schüler weltweit hätten von körperlichen oder verbalen Drangsalierungen berichtet. Pais und UNICEF forderten deshalb die Einrichtung von vertrauenswürdigen Beschwerde- und Beratungsstellen, an die Betroffene sich wenden können. Die Sonderbeauftragte legte nahe, enger mit Kindern zusammenzuarbeiten. Nur so könne wirksame Präventionsarbeit geleistet werden. Das Bewusstsein der Kinder für ihre Rechte müsse gestärkt werden. Auch sollten sie beispielsweise bei der Entwicklung von Umgangsregeln an Schulen und im Internet einbezogen werden.

Denn Schikane und Mobbing, ob auf dem Schulhof oder im Internet, beträfen eine zunehmende Anzahl Schüler. Laut UNICEF haben in Deutschland 34 Prozent der Heranwachsenden berichtet, bereits Opfer von »Schikane« geworden zu sein. Im Vergleich mit anderen OECD-Staaten seien das überdurchschnittlich viele, in Spanien etwa liege der Anteil nur bei knapp 14 Prozent. Kinder in den Industrieländern seien zudem wachsenden Risiken im Zusammenhang mit den neuen Medien ausgesetzt. Vier von zehn Kindern in der EU seien schon mit Pornografie im Netz konfrontiert worden, jedes dritte Kind hat »Hass-Seiten« mit gewalttätigem Inhalt gesehen.

UNICEF verwies allerdings darauf, dass es sich bei den Daten um »vorsichtige Schätzungen« handele. Es fehle noch immer an verlässlichen Fakten und systematischen Auswertungen. Diese seien aber Grundlage für einen erfolgreichen Kinderschutz.

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