Protestieren? Ja danke!
Warum es Sinn macht, auf die Straße zu gehen: Letzte Argumentationshilfe für Unentschlossene
Worum geht es bei der Demo noch mal?
Die Regierung möchte den Atomkonzernen ein Milliardengeschenk machen, indem sie die Laufzeiten der steuerlich abgeschriebenen AKW verlängert. Jedes AKW spült jeden Tag einen Gewinn von rund einer Million Euro in die Konzernkassen. Bei 17 AKW, die jeweils im Schnitt zwölf Jahre länger laufen sollen, sind das … Na ja, jedenfalls kaum vorstellbare Summen.
Müssen die Betreiber nicht einen Teil der Gewinne wieder abgeben?
Ja, schon, aber nur einen ganz kleinen Teil. Bis 2016 soll eine Brennelementesteuer, danach eine vertraglich fixierte Abgabe für den Ausbau der Öko-Energien erhoben werden. Die Konzerne dürfen die Steuern und Abgaben allerdings wieder von ihrer Steuer absetzen, was die Einnahmen des Staates noch einmal schmälert. Fragen Sie mal Ihr Finanzamt, ob Sie künftig auch Ihre Steuern von der Steuer absetzen können. Die werden Ihnen was erzählen! So was gibt’s nur bei einer ganz speziellen Klientel der Bundesregierung.
Kommt die Demo nicht zu spät? Ist nicht längst alles entschieden?
Eigentlich wollte die Regierung Ende September über ihr Energiekonzept und die Laufzeitverlängerung befinden, da sollte kurz vorher mit der Demo noch mal Druck gemacht werden. Um entschlossen zu wirken, hat Merkel den Deal mit den Konzernen nun schon früher unter Dach und Fach gebracht. Die entsprechende Änderung des Atomgesetzes hat der Bundestag aber noch nicht beschlossen.
Außerdem ist offen, ob nicht der Bundesrat der Laufzeitverlängerung zustimmen muss. Und schließlich kann eine anders zusammengesetzte Bundesregierung das Ganze ab 2013 wieder kippen. Politischer Druck ist also weiterhin sinnvoll und nötig.
Was ist denn überhaupt geplant?
Es geht um zwölf mit einer Kundgebung auf dem Washingtonplatz am Hauptbahnhof los, um eins startet die Demo Richtung Regierungsviertel. An der Ecke Wilhelmstraße/Dorotheenstraße wird der Demozug geteilt und die eigentliche Umzingelung des Regierungsviertels beginnt. Dabei wollen sich viele Demonstranten für ein paar Minuten hinsetzen, und etliche Chöre Lieder gegen Atomkraft schmettern. Danach soll ein riesiger Atommüllberg im Regierungsviertel aufgetürmt werden. Die Abschlusskundgebung findet dann wieder am Hauptbahnhof statt. Gegen die ursprünglich als Kundgebungsplatz geplante Wiese am Reichstag hatte das Grünflächenamt Bedenken. Eine Beschwerde der Veranstalter hat das Verwaltungsgericht Donnerstagabend abgewiesen.
Wer kommt denn sonst noch?
Außer Ihnen noch zehntausende andere Menschen aus ganz Deutschland. Alte und junge Leute, Schülerinnen, Studenten, Rentner. Bürgerinitiativen, Umweltgruppen, SPD, LINKE und Grüne haben zur Teilnahme aufgerufen. Möglicherweise wird es sogar die größte Demo gegen Atomkraft überhaupt – und Sie sind dabei gewesen!
Was sagt meine Gewerkschaft dazu?
Die findet das Klasse, dass Sie gegen Atomkraft demonstrieren, garantiert. Die Zeiten, in denen die Gewerkschaften für Kernkraftwerke waren, sind nämlich vorbei. Zwar gehen bei einer Abschaltung der Meiler auch Arbeitsplätze verloren, aber durch den Ausbau der alternativen Energien entstehen viel mehr Jobs. Ein längerer AKW-Betrieb nutzt nur den vier großen Stromkonzernen und deren Aktionären.
Viele Gewerkschaften haben zur Demo aufgerufen. Wolfgang Rhode, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, ist einer der Redner bei der Abschlusskundgebung.
Ist es nicht zu kalt zum Demonstrieren?
Kommen Sie … Es geht um die Zukunft unserer Kinder und der nachfolgenden Generationen, und Sie fragen nach dem Wetter? Das wird heute übrigens gar nicht so schlecht. Trocken, teilweise sogar sonnig, vielleicht etwas kühl, frischer Westwind, sagen die Meteorologen. Insgesamt also allerbestes Demo-Wetter.
Und was ist mit Fußball?
Hertha, Union und Cottbus haben schon gestern Abend gespielt. Die Live-Konferenz von der 1. Liga im Radio oder in Ihrer Sports-Bar verpassen Sie leider. Es wird bei der Demo wohl auch keinen Ergebnisdienst geben. Aber vielleicht werfen die jungen Leute, die neben Ihnen marschieren, mal kurz ihr I-Phone an und nennen Ihnen die Zwischenstände.
Ansonsten sind Sie ja spätestens zum ZDF-Sportstudio wieder zu Hause. Das fängt heute erst um elf Uhr an und lohnt sich bestimmt, Diego ist nämlich Studiogast.
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