Kühlschrank im Sandkasten
Friedrichshainer Kita will Kindern bewussten Umgang mit Energie vermitteln
Trotz grauen Himmels und kühler Luft tummelten sich die Kinder auf dem Spielplatz der Kita »Am Hain«. Denn dort gab es abseits der Klettergerüste, Wippen und Sandkästen viele Experimentier-Stationen zu entdecken. Großen Zulauf hatten etwa die Tischmühlen, mit denen Getreide für das selbst gebackene Brot gemahlen wurde. Drinnen indes: Kein Licht, kein Herd, keine Waschmaschine, die läuft. Die Kita »Am Hain« hatte sich an diesem Freitag vorgenommen, keinen Strom zu verbrauchen.
In der gesamten Woche haben sich die ein- bis sechsjährigen Kinder mit Energie- und Stromsparen beschäftigt. Damit nimmt die umweltorientierte Einrichtung der Berliner Eigenbetriebe »Kindergärten NordOst« an einem bundesweiten Wettbewerb teil, den die »Leuchtpol gGmbH« ausschreibt. Diese »gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung von Umweltbildung im Elementarbereich mbH« wird vom Stromanbieter e.on finanziert, der bundesweit fünf Atomkraftwerke betreibt.
Darüber haben sich die Mitarbeiter der Kita Am Hain bislang keine Gedanken gemacht. Für sie steht im Mittelpunkt, den Kindern beizubringen, »bewusst mit Wasser, Licht und Heizung umzugehen und sie nicht zu verschwenden«, erklärt die Leiterin, Heike Schleh. Sie will den Kindern Naturwissenschaft »selbst erlebbar machen«.
Seit mehreren Jahren besuchen die für 80 Kinder zuständigen Mitarbeiter Fortbildungen zu den Themen Energie und Umwelt. Vor allem Monika Kynast weiß inzwischen sehr gut, wie sie Kindern etwa die Funktionsweise eines Heizkraftwerks erklären kann. »Ich habe zuhause auch Solarzellen auf dem Dach«, erzählt die Mutter eines Sohnes. »Doch jetzt schaue ich mal nach dem Tee«, unterbricht Kynast. Denn das Wasser mit den Minzblättern im Topf auf dem Feuerkorb brodelt bereits.
Währenddessen spielen die Kinder weiter mit einem »Solarhubschrauber«, dessen Propeller sich drehen, und basteln ihre Windräder aus farbigem Karton. Bald gibt es Mittagessen: Wiener Würstchen und Bohneneintopf – alles vom Grill. Doch auch am Nachmittag wird weiter auf Strom verzichtet. Dann wird der Kühlschrank im Sandkasten wieder aufgebuddelt. Am Ende lesen die Kinder mit Taschenlampen den Strom im Keller der Kita ab und überprüfen, wie viel Energie an diesem Tag eingespart wurde.
Die Kita »Am Hain« liegt unweit des Friedrichshainer Volksparks und des mit »Townhouses« neu gestalteten Geländes der Prenzlauer Gärten. Diese als »Gated Community« (abgeschlossene Gemeinschaft) kritisierte Siedlung ist mannshoch umzäunt und wird von einem Pförtner bewacht. Viele Kinder, die die Kita besuchen, wohnen in dieser Umgebung, die die Erzieherin Kynast als »sehr gut situiert« beschreibt. Können Kinder aus diesen Elternhäuser denn überhaupt noch etwas über ökologische Verantwortung lernen? Kynast meint: »Das Wissen ist in den Familien vorhanden, aber das heißt nicht, dass es auch umgesetzt wird«. So reagierten manche Eltern sogar skeptisch auf die Idee des »Tages ohne Strom«.
Aber im Laufe der Projektwoche kamen viele positive Rückmeldungen. Eine Mutter will sogar einen Tag lang in ihrem Urlaub mit dem Wohnwagen auf Strom verzichten.
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