Steckdosen für jeden zweiten Sitzplatz im Zug

Verträge für den Betrieb von 16 Regionalbahnlinien unterzeichnet / CDU verlangt: Eingesparte Mittel in den Verkehr stecken

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Neue oder modernisierte Fahrzeuge, mehr Sitzplätze und künftig in jedem Zug ein Kundenbetreuer. Trotzdem müssen die Länder weniger Geld dafür hinblättern. Gegenüber früher sparen sie erheblich. So sieht das Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD).

Gestern wurden die Verträge für den Betrieb von 16 Regionalbahnlinien ab Dezember 2011 unterschrieben. Bei den Regionalexpresslinien laufen die Verträge allerdings erst ab 2012. Alle Linien führen durch Berlin und Brandenburg, einige bis nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt hinein.

Die genannten Länder bestellen die Züge bei der Deutschen Bahn (DB) und bei der Ostdeutschen Eisenbahn (ODEG). Sie zahlen dafür insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro Zuschuss. Die Verträge laufen bis Dezember 2022. Bei zusammen 22 Millionen Zugkilometern pro Jahr, die zu fahren sind, handelte es sich nach Angaben des Potsdamer Verkehrsministeriums um das bislang größte Ausschreibungsverfahren für Regionalbahnen in Deutschland.

Er sei mit dem Ergebnis der Ausschreibung »sehr zufrieden«, auch weil durch die hohe Zugbegleiterquote Arbeitsplätze geschaffen werden, sagte Verkehrsminister Vogelsänger. Er freute sich besonders, dass die Sache trotz einiger Scharmützel zwischen den Wettbewerbern ohne Gerichtsverfahren abgeschlossen werden konnte.

Der Landtagsabgeordnete Rainer Genilke (CDU) forderte die rot-rote Landesregierung auf, die mit dem neuen Vertrag jährlich eingesparten 40 Millionen Euro in den öffentlichen Personennahverkehr zu stecken. So könnten beispielsweise eingestellte Verbindungen wie der Regionalexpress 3 aus der Niederlausitz nach Berlin wieder aufgenommen werden oder der Regionalexpress 1 könnte in kürzeren Taktzeiten fahren.

Um die Vergabe hatte es großen Streit gegeben. Bislang fuhr allein die Deutsche Bahn auf den 16 Strecken. Sie erhielt dafür sehr viel Geld. Um das Monopol zu brechen, gestaltete der Staat die Ausschreibung so, dass die Deutsche Bahn in keinem Fall wieder alle Linien bekommen konnte. Die Deutsche Bahn zeigte sich damit unzufrieden und machte Stimmung. Doch das nützte nichts.

Nun hat die ODEG rund sieben Millionen Zugkilometer pro Jahr abbekommen. Es gab den Vorwurf, dass die ODEG ihren Beschäftigten weniger Lohn zahle. Behalten hat die Deutsche Bahn unter anderem den Regionalexpress 1 von Magdeburg nach Frankfurt (Oder) und die Regionalbahn 20 von Oranienburg nach Potsdam. Außerdem bekommt sie den Express zum Großflughafen Schönefeld. Die ODEG übernimmt zum Beispiel die Strecke von Rathenow nach Cottbus.

Die Doppelstockwagen des Regionalexpress 1 verkehren künftig mit deutlich leistungsstärkeren Lokomotiven, so dass sie eventuelle Verspätungen leichter aufholen können, erläuterte das Verkehrsministerium. Außerdem wird es auf der Linie 1 pro Zug 609 Sitzplätze geben. Das sind 67 mehr als bisher. Die Züge dieser Linie sind besonders in Berlin zumeist überfüllt. Der Regionalexpress 7 soll demnächst werktags stündlich zwischen Belzig und Dessau verkehren. »Mit neuen und neu gestalteten Fahrzeugen, mehr Sitzplätzen und einer Besetzung aller Züge mit Servicepersonal schaffen wir die Voraussetzungen für zufriedene Kunden«, sagte Frank Sennhenn, Vorstandsvorsitzender der DB Regio AG.

Bei der Ausschreibung der 16 Strecken habe es leider wieder keine Vorgaben für die sozialen Belange der Beschäftigten gegeben, etwa was die Bezahlung und die Pausen betreffe, bedauerte gestern Michael Klein, Sprecher der Gewerkschaft Transnet. Aber man sei an dem Thema dran. Seit anderthalb Monaten gebe es Verhandlungen mit den maßgeblichen Privatbahnen über einen Branchentarifvertrag. Die Privatbahnen müssten sagen, ob sie bereit sind, einen solchen Tarifvertrag abzuschließen. Sind sie es nicht, so würde die Gewerkschaft Maßnahmen ergreifen. Warnstreiks schloss Klein nicht aus. Es sei jedoch bis Ende des Monats Zeit, erklärte der Gewerkschaftssprecher. Er erwartet, dass es noch Bewegung in den Gesprächen gibt.

  • Eine regelbare Klimatisierung der Wagen soll es auf allen Strecken geben.
  • Videoüberwachung in allen Zügen ist versprochen.
  • Steckdose und Tische für Laptops bei mindestens der Hälfte der Sitzplätze sind vorgesehen.
  • Im Flughafenshuttle soll es zusätzliche Anzeigen mit Fluggastinformationen geben.
  • Auf den Regionalbahnlinien 33 und 51 werden die Fahrzeuge eine Einstiegshöhe von 78 Zentimetern haben. Auf der Regionalbahnlinie 51 ist dadurch ab September 2011 wieder ein Einstieg ohne Stufe zwischen Bahnsteig und Fahrzeug möglich.
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