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Rot-Rot könnte zufrieden sein
Nach dem Politbarometer büßte die Koalition in der Wählergunst nichts ein
Was Umfragen bedeuten, darüber streiten sich die Gelehrten. Es sind vor allem die Betroffenen, also die Parteien, die auf die vierteljährlichen Aussagen des Politbarometers warten wie auf ein kleines Gottesurteil. Die »Märkische Allgemeine Zeitung« und der Sender rbb haben erneut eine Menge Geld ausgegeben, um die neuesten politischen Wasserstandsmeldungen angeben zu können. Ein wenig Unterhaltungswert haben die Ergebnisse der Umfrage tatsächlich.
Nüchtern betrachtet, hält das rot-rote Regierungslager seine herausragende Stellung auf der ganzen Linie. Die SPD liegt bei 31 Prozent, die LINKE bei 26 Prozent, womit bei den Sozialisten lediglich ein Prozentpunkt gegenüber dem Wahlergebnis vor einem Jahr eingebüßt wäre. Großer Gewinner sind die Grünen mit einem Plus von vier Prozent. Die CDU verliert ein Prozent und landet bei 21, die FDP ist bei vier Prozent angekommen, was einem Minus von zwei Prozent entspricht. Mit Blick auf das turbulente erste Regierungsjahr hält sich die Koalition demnach ausgezeichnet. Der von der Opposition erhoffte große Einbruch ist bislang ausgeblieben, allen »Skandalen«, »Grundstücksaffären«, moralischen Hochgerichten, Untersuchungsausschuss-Anträgen und Enquete-Tribunalen zum Trotze. Nicht einmal die einschneidende Sparpolitik der Landesregierung, die umstrittene Polizeireform und die Erhöhung der Grunderwerbssteuer scheinen das Bild der Regierung besonders zu beeinträchtigen.
Der Opposition, die mit Feuereifer die Verteufelung der rot-roten Regierung in heftigen Tönen und mit gradliniger Abstrichlosigkeit betrieben hat, muss wie Hohn in den Ohren klingen, dass trotz dieser keineswegs populären Landespolitik die allgemeine Zufriedenheit der Brandenburger mit ihrer Landesregierung noch zugenommen hat.
Nicht ausgezahlt hat sich damit ein politischer Stil, der bis zur persönlichen Verletzung reicht, vor rüdem, sehr gewöhnlichem Sprachgebrauch nicht mehr Halt macht. In diese Sparte fällt auch das vielen nicht begreifliche Streben, mit den ersten Nachwendejahren ideologisch und rechthaberisch abrechnen zu wollen, wofür die Ausgabe von Millionen ganz selbstverständlich zu sein hat. Eine Schonfrist hatte die neue Regierung nie. Klar ist aber auch, dass sich das Leben in Relationen abspielt. Dieses Umfrageergebnis muss nicht unbedingt als Begeisterung über jede Einzelheit des Kurses von Rot-Rot gedeutet werden.
Merkwürdig ist die beständige, geradezu bornierte Fehleinschätzung des Brandenburgers durch CDU und FDP. Der Brandenburger will offenbar kein sich fetzendes Kasperletheater auf der politischen Bühne sehen. Er honoriert die aufgeregten, überdrehten, wenig staatsmännischen Gesten nicht.
»Die Brandenburger stellen der Koalition aus SPD und LINKEN ein positives Zeugnis aus.« So fassen der Linkspartei-Landesvorsitzende Thomas Nord und die Linksfraktionsvorsitzende Kerstin Kaiser die Umfrageergebnisse zusammen. Die Ergebnisse machten deutlich: Der Zuspruch der Wähler für die brandenburgische LINKE sei stabil. »Das ist nach dem schwierigen Start und unter den gegebenen finanziellen Bedingungen keine Selbstverständlichkeit«, sagte Nord.
Kerstin Kaiser merkte an: »Soziale Verantwortung mit weniger Geld – unter dieser Maßgabe setzt die LINKE in den jetzt beginnenden Haushaltsberatungen ihre Schwerpunkte: Wir werden nicht an der Bildung für unsere Kinder sparen, ob in der Kita oder in der Schule. Es bleibt uns wichtig, dass Menschen so viel verdienen, dass sie davon auch leben können.«
Dass der Zuspruch für Rot-Rot innerhalb eines halben Jahres um elf Prozent gestiegen ist, heiße auch, »die Brandenburger haben offenbar großes sachliches Interesse an unserer Arbeit«, freute sich Kaiser. Doch: »Umfragen sind immer Momentaufnahmen.« In früheren Jahren hatte Kerstin Kaiser bei diesen Gelegenheiten immer gern behutsam warnend das schöne russische Sprichwort zitiert: »Die Küken werden im Herbst gezählt.«
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