Euphorie der Siedler wächst

Morgen soll der Baustopp Israels im besetzten Gebiet enden

  • Hans Dahne, Jerusalem (dpa)
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bagger stehen bereit. Die Stimmung ist euphorisch. Nach einem zehn Monate langen Baustopp wollen israelische Siedler am Sonntag im Westjordanland wieder loslegen. Die Folgen für den Friedensprozess sind noch nicht abzusehen.

Unter den israelischen Siedlern herrscht Aufbruchstimmung. »Zwölf Wohneinheiten mit jeweils fünf Zimmern. Panoramaveranda und Schabbat-Lift. Baubeginn nach Ende des Moratoriums«, steht auf einem Aushang in der israelischen Siedlung Schilo im Westjordanland. »Eine Verlängerung des Baustopps funktioniert nicht. Unsere Bevölkerung wächst«, sagt der 65 Jahre alte Siedler Israel Meidad. Auch in der Siedlung Eli läuft schon der Countdown. »Die vergangenen Monate waren sehr hart. Wir haben Pläne für 30 Wohneinheiten«, sagt Lior Schtul. In Ariel, wo bereits 19 000 Siedler wohnen, liebäugelt das Baukomitee mit 100 neuen Wohnungen.

Ende November 2009 hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen befristeten Baustopp für das Westjordanland verkündet. Allerdings durften 3000 Wohnungen zu Ende gebaut werden. Das liege über dem Jahresdurchschnitt von 2000 Wohnungen, schreibt die »Jerusalem Post«. Der Baustopp endet am Sonntag.

»Wir glauben, das Moratorium sollte verlängert werden«, sagte US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung in New York und zog sich damit die Wut der Siedler zu. Ein Aktivist beschimpfte ihn als arrogant und »rassistisch«. Israel sei keine Diktatur, und eine Mehrheit der Israelis lehne einen weiteren Baustopp ab. Weil sich die Siedler wegen des starken internationalen Drucks nicht sicher sind, ob Netanjahu nicht doch noch in letzter Minute einlenkt, nehmen sie den Regierungschef kräftig in die Mangel. »Wenn Netanjahu uns nicht erlaubt, weiter zu wachsen, dann werden wir Netanjahu nicht erlauben, weiter Ministerpräsident in Israel zu sein, und wir werden ihn durch eine andere Person ersetzen«, sagt Siedleraktivist David Ha'ivri. »Das ist unsere Heimat, und wir haben keine Absicht, dieses Land zu verlassen.«

»Falls Obama Netanjahu noch überzeugt, dann werden wir 2011 Neuwahlen haben«, droht Dani Dajan. Er ist Vorsitzender eines Rates, der die rund 300 000 im Westjordanland lebenden Siedler vertritt. Zu Beginn des Friedensprozesses 1993 waren es erst 116 300. »Aber ich denke, die Bauaktivitäten gehen weiter, und wir werden soviel bauen, wie wir können«, sagt Dajan. Nächstes Ziel: 20 000 neue Siedler.

Mehr als 13 000 Wohnungen könnten Siedler nach Einschätzung der Friedensorganisation Peace Now sofort in Angriff nehmen. Für 2066 Wohnungen lägen sogar schon alle Genehmigungen vor. Zwar hat Peace Now bis August 492 Verstöße gegen den jetzt auslaufenden Baustopp aufgelistet, aber die Aktivistin Hagit Ofran sagt auch: »Es ist wahr, dass der Baustopp nicht perfekt war. Wenn man aber die positive Seite hervorheben will, dann könnte man sagen, dass die am weitesten rechts stehende Regierung in Israel zum bislang weitestgehenden Baustopp gezwungen wurde.«

Insgeheim haben sich Siedler auch schon auf Plan B eingerichtet, falls der Baustopp doch noch in letzter Minute verlängert wird. »Wir haben drei Möglichkeiten«, sagt Israel Meidad in der Siedlung Schilo. »Wir können ohne Baugenehmigungen bauen. Wir können uns mit der Regierung einigen, dass es keine Strafverfolgung gibt, wenn wir weiterbauen. Und wir könnten alle Beziehungen zur Regierung abbrechen.« Am liebsten wäre dem Siedler folgende Lösung: »Ich schlage vor, dass es statt eines Baustopps einen Verhandlungsstopp gibt,«.

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