Mappus diskreditiert S21-Gegner
Ministerpräsident: »Berufsdemonstranten«
Stuttgart (dpa/ND). Die Auseinandersetzung um das Bahnprojekt Stuttgart 21 wird rauer: Rangeleien zwischen Polizisten und Demonstranten am Freitagabend lösten eine erhitzte politische Diskussion um die Gewaltbereitschaft der Projektgegner aus. Nach einer Protestkundgebung wurden 30 Demonstranten festgenommen und mehrere Polizisten verletzt. An der Kundgebung nahmen nach Angaben der Veranstalter 30 000 Menschen teil, die Polizei sprach von 15 000 Teilnehmern. Stuttgart 21 sieht den Teilabriss und Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an eine Bahnschnellstrecke nach Ulm vor. Dagegen gibt es massive Proteste. Das Projekt, inklusive der Trasse nach Ulm, soll nach Angaben der Bahn etwa 7 Milliarden Euro kosten. Die Gegner berufen sich auf Studien, wonach bis zu 18 Milliarden Euro anfallen könnten.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ging im Magazin »Focus« mit einem Teil der Demonstranten hart ins Gericht: »Es gibt einen nicht unerheblichen Teil von Berufsdemonstranten, zum Beispiel von Robin Wood, die der Polizei das Leben sehr schwer machen.« Bei ihnen nähmen Aggressivität und Gewaltbereitschaft zu. Die SPD im Landtag und die Grünen forderten Mappus auf, die Gegner von Stuttgart 21 nicht länger zu diskreditieren.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel verteidigte unterdessen die von seiner Partei geforderte Volksabstimmung über die Zukunft des Bahnprojekts. »Mehr Demokratie wagen, das hat der SPD noch nie geschadet«, sagte Gabriel am Sonntag auf dem SPD-Parteitag in Berlin. Regierungen könnten Referenden nutzen, um umstrittene Entscheidungen besser zu legitimieren. Deshalb sei der Vorschlag der SPD in Baden-Württemberg richtig, jetzt ein Referendum über Stuttgart 21 abzuhalten, bevor noch mehr Geld ausgegeben werde. Die SPD war in der Vergangenheit klarer Befürworter des Großprojekts.
Grünen-Bundeschef Cem Özdemir warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Unkenntnis über das Projekt vor. »Die Kanzlerin ist entweder schlecht informiert oder sie verdreht bewusst die Tatsachen, wenn sie Stuttgart 21 als ein Projekt bezeichnet, das auf europäischer Ebene abgestimmt worden sei«, erklärte Özdemir am Sonntag in Berlin. Merkel hatte am Samstag in Mainz gesagt, Stuttgart 21 sei einst auch auf europäischer Ebene abgestimmt worden – nun müssten die vereinbarten Pflichten in Stuttgart erfüllt werden.
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