Miteinander am »Ort der Vielfalt«
Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf beschloss als erster Bezirk ein Integrationsprogramm
»Integration findet bei uns schon lange statt – in den Kindergärten, in den Schulen, in den Vereinen«, betonte Marzahn-Hellersdorfs Bürgermeisterin Dagmar Pohle (LINKE), als sie gestern bei einem Pressegespräch ein Integrationsprogramm vorstellte. Es ist das erste eines Bezirks. Die Debatte über das Miteinander der Kulturen wird im Bezirk schon lange geführt. Nun gibt es dazu einen Beschluss des Bezirksamtes, der bis zum 1. Quartal 2011 öffentlich diskutiert werden soll.
Verglichen mit anderen Berliner Bezirken leben hier im Nordosten der Hauptstadt sehr wenige Migranten – knapp zehn Prozent. Im Jahre 2009 waren 25 277 Einwohner mit Migrationshintergrund gemeldet. Die meisten davon haben einen deutschen Pass, sie kamen also als Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion bzw. waren ehemals Vertragsarbeiter aus Vietnam, die dann in Berlin geblieben sind. Nur 8305 Marzahner und Hellersdorfer sind wirklich Ausländer, die zeitweilig oder dauerhaft im Bezirk leben. Insgesamt sind im Bezirk 128 Nationalitäten vertreten.
Das soll sich im Leben des Bezirks widerspiegeln und auch in Zukunft die Kulturlandschaft im Norden Berlins prägen, so die Intentionen des Bezirksamtes bei der Erarbeitung des Integrationsprogramms. »Wir gehen davon aus, dass Menschen, die zu uns kommen und hier leben wollen, sich auch in die Gesellschaft einbringen wollen«, betonte Pohle. Dazu hat das Bezirksamt gemeinsam mit der Bezirksverordnetenversammlung sowie verschiedenen Vereinen das Berliner Integrationsgesetz mit einem eigenen Programm fortgeschrieben. In neun Grundsätzen wurden Handlungsfelder definiert. Sie sollen gemeinsam mit Vereinen, Verbänden und den Wohlfahrtsorganisationen in die Tat umgesetzt werden. »Wir wollen keine Debatte über Defizite führen, sondern Rahmenbedingungen schaffen, um unserem Titel ›Ort der Vielfalt‹ gerecht zu werden«, sagte die Bürgermeisterin.
Bildungsstadtrat Stefan Komoß (SPD) verwies auf aktuelle Zahlen aus seinem Bereich. 87 Prozent aller Schüler mit einem Migrationshintergrund haben einen Schulabschluss – auch das ist nicht selbstverständlich in dieser Stadt. 80 Prozent aller Migranten im Bezirk haben eine Arbeitsplatz. »Jetzt müssen wir darüber reden, wie es die anderen Menschen auch noch schaffen«, betonte Komoß.
Dazu wird der Bezirk ab 1. November ein Bildungsangebot unterbreiten, damit Schüler, »die noch keinen Schulabschluss haben, die Hauptschule nachholen können«. Überall könne man das Abitur nachmachen, erklärte Komoß, die anderen Schulabschlüsse würden aber sehr selten angeboten. Hervorgehoben wurde, dass die ersten Absolventen mit ausländischen Wurzeln der Fachhochschule »Alice Salomon« ihre Arbeit als Sozialpädagogen im Bezirk aufgenommen hätten. Inzwischen zeige sich eine andere Tendenz – dass Jugendliche mit einer guten Ausbildung in die Heimatländer ihrer Eltern zurück wollen, weil ihnen in Berlin keine berufliche Perspektive geboten wird. Es sei auch Integration, wenn diese jungen Fachkräfte mit soliden Angeboten aus der Wirtschaft im Bezirk gehalten werden können.
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