Der »Böse« von der Treuhand

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WOLF SCHÖDE zog einst den Ärger, den die Treuhand verursachte, zum Gutteil auf sich. Nun berät er noch zwei Unternehmen.
WOLF SCHÖDE zog einst den Ärger, den die Treuhand verursachte, zum Gutteil auf sich. Nun berät er noch zwei Unternehmen.

Wolf Schöde – allein die Nennung dieses Namens stellt bei vielen die Nackenhaare auf. Das ist doch dieser Kerl von der Treuhand, der die DDR abgewickelt hat ... Manch einer wähnt gar, der habe einen ganz und gar bösen Charakter. Bisweilen tut es gut, wenn man sich irrt.

Schöde, heute 68 Jahre alt, lebt in einem »ständigen Lern- und Umerziehungsprozess«. Bevor er bei der Treuhand anfing, war der gelernte Lehrer und Physiker im Wirtschaftsministerium von Nordrhein-Westfalen. Mit der DDR hatte er »keinerlei Beziehung« und von ihr »Null-Ahnung«. »Klar war ich ein anständiger Antikommunist«, geprägt von der alten Hardcore-DKP im Ruhrgebiet. Doch so etwas wie Hass habe er nicht verspürt, als er 1990 Detlev Carsten Rohwedders Antrag gefolgt ist und seinen Job als Direktor und Sprecher der Treuhand antrat.

Die ersten, mit denen er eine gemeinsame Sprache fand, waren Physiker, also Leute wie er. Das mit der gemeinsamen Sprache gegenüber ND war nicht ganz so einfach: „Ihr wart kritisch, hattet eure Position und konntet natürlich auch 2+2 addieren ...« Auch mit Gysi oder Christa Luft hat er manchen Strauß ausgefochten – um sich heute achtungsvoll zu erinnern, wie lustvoll er einst ein Buch von Luft vorgestellt hat.

Schöde kümmerte sich nach 1994 um die Weltausstellung in Hannover, dann drei Monate um »die Sache mit der Vulkan-Werft«, war beim Sparkassen- und Reisebüroverband und beförderte als Geschäftsführer der Berlin-Brandenburger Aerospace Allianz Hightech-Industrie im Osten.

Seine spannendsten Jahre aber ortet der Mann zwischen 1985 und 1995. »Es war die Zeit, in der ich am meisten überfordert war.« Überfordert? »Ja, da bin nicht nur ich an Grenzen gestoßen, die zu überwinden waren.« Schöde hat in NRW den Strukturwandel des Ruhrgebiets – weg von Kohle und Stahl, hin zu Elektronik – vorangebracht. Ohne diese Erfahrung, »hätte ich den Treuhandjob zum Strukturwandel im Osten nicht verstanden«.

Es gibt einen Moment der deutsch-deutschen Annäherung, den er als »extrem peinlich« empfand. Er war zu einer Vertragsunterzeichnung in den Berliner Johannishof geladen. Es ging »in welthistorisch-brisanten Tagen um die Übernahme der westdeutschen Schornsteinfegerverordnung.

Schöde wohnt seit 1997 im Ostteil der Stadt und ist mit einer ehemaligen Journalistin der DDR-Nachrichtenagentur ADN verheiratet. René Heilig

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