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Quälende Lärmflut in den Meeren

Schiffsmotoren, Ölsucher und U-Boot-Jäger peinigen vor allem Wale und Delfine

  • Walter Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Wale und Delfine plagen sich mit dem Getöse, das Schiffsmotoren sowie die Suche nach feindlichen U-Booten und begehrten Rohstoffen verursachen. Anlässlich des heutigen Welttierschutztages schlagen Meeresschützer Alarm und fordern endlich leisere Ozeane.

Es ist schmerzhaft laut geworden in den Ozeanen. Die Meere sind nicht nur verschmutzt, sondern auch arg verlärmt. Denn eine weiter wachsende Heerschar von Schiffsmotoren brummt durchs Meerwasser. Und Erdölfirmen lassen es am Meeresboden auch ordentlich knallen, um mit Hilfe von Explosionen den Untergrund nach neuen Öl- und Erdgasfeldern zu »durchleuchten«. Und schließlich suchen Militärs, allen voran die US-Amerikaner, mit lauten Unterwasser-Sonaren nach feindlichen U-Booten.

Nach Angaben von Meeresschützern setzen Lärmquellen aus Menschenhand den Ozean-Bewohnern mit einem Schalldruckpegel von bis zu 260 Dezibel (dB) zu. »Der Schalldruck ist – vorsichtig geschätzt – mehr als 10 000 Mal so hoch wie der eines Presslufthammers in einem Meter Abstand«, haben der Meeresbiologe Karsten Brensing und seine Kollegen von der Wal- und Delfinschutz-Organisation WDCS-Deutschland ausgerechnet.

Leistungsstarke Niederfrequenz-Sonarsysteme, wie sie zum Beispiel die US-Marine einsetzt, oder die vielfachen Explosionen durch Druckluft-Pulser (»Airguns«) bei der Erkundung neuer Rohstofflagerstätten unter den Weltmeeren sind mit Schalldruckpegeln von über 235 beziehungsweise sogar über 260 dB »viel zu laut für Meeresbewohner« – so das Fazit von WDCS-Deutschland.

Die Niederfrequenz-Sonare von Militärschiffen sind laut WDCS-Experte Karsten Brensing besonders bedrohlich für die in der Tiefsee jagenden Schnabelwale. »Aus Panik ändern die Tiere ihr Verhalten, und das ist oft tödlich. Wegen des Lärms tauchen sie viel zu schnell auf und bekommen ähnliche Symptome der gefährlichen Taucherkrankheit wie Menschen, die zu rasch aus größeren Tiefen aufsteigen.«

Zwar versuchen Militärschiff-Besatzungen, mit Unterwassermikrofonen und durch Beobachtungen an der Wasseroberfläche Wale aufzuspüren, um gegebenenfalls auf den Einsatz von NFS zu verzichten. Doch solche Bemühungen führen laut Brensing nur sehr eingeschränkt zum Erfolg. Deshalb fordert der WDCS, zumindest vorübergehend auf den Einsatz von Nieder- und Mittelfrequenzsonaren zu verzichten.

Eine weitere Folge von lautstarken Sonarsystemen sei ein verminderter Fortpflanzungserfolg – zum Beispiel dadurch, dass Wal-Mutter und Kalb einander durch den Lärm verlieren, »was dann unweigerlich zum Tod der Kälber führt«. Und schließlich könne nahe bei der Schallquelle auch das Gehör der Wale Schaden nehmen.

Dem technischen Gedröhne ausgesetzt zu sein, wirkt dabei in etwa so hinderlich wie gleißendes Flutlicht, das frontal ins menschliche Auge scheint, während dieses versucht, in der Ferne den Schimmer einer Kerze wahrzunehmen. Denn Luftkanonen, Schiffsmotoren und Sonarlärm übertönen und maskieren so all jene akustischen Signale, mit denen Wale ihre Umwelt absuchen und von Artgenossen gefunden werden wollen.


Lexikon: Sonar

Sonar ist ein Kunstwort aus der englischen Bezeichnung »SOund NAvigation and Ranging« (Schallortung und -entfernungsmessung). Wurden anfangs hochfrequente Tonsignale (15 000 bis 40 000 Hertz) durch das Wasser geleitet, um U-Boote, Fischschwärme oder auch nur den Meeresgrund zu orten, bevorzugt das Militär wegen der Reichweite heute niederfrequente Wellen unterhalb von 3000 Hertz. Dabei wird das Echo durch im Wasser befindliche Körper mit Spezialmikrofonen gemessen. Aus Richtung und Laufzeit ergibt sich der Ort des Objekts.

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