»Kein Gewaltpotenzial bei den Demonstranten«
Friedensaktivist Henning Zierock über die Proteste gegen Stuttgart 21 und die brutale Reaktion der Polizei
Henning Zierock ist seit Jahrzehnten in der Friedensbewegung Baden-Württembergs aktiv. Er ist Vorsitzender der Gesellschaft Kultur des Friedens in Tübingen und war häufig am Bauzaun des Bahnhofs und im Schlossgarten, der am Donnerstag durch brutale Übergriffe der Polizei auf Demonstranten teilweise geräumt wurde. Am Freitag demonstrierte er vor dem Kanzleramt in Berlin, am Abend hielt er eine Rede auf dem Kongress »Demokratie und Öffentlichkeit« der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Dort sprach mit ihm ND-Autor Martin Lejeune.
ND: In ihrer Rede kritisierten sie, dass Stuttgarter Schüler, die mit 14 Jahren die Demokratie lernen wollten, mit ansehen mussten, wie diese mit Wasserwerfern und Pfefferspray beerdigt wurde. Kann man Demokratie und Protestkultur dieser Tage in Stuttgart hautnah und direkt erleben?
Zierock: Genau. In Stuttgart wird Demokratie ausgeübt, die Leute mischen sich ein. Aber was gibt es dafür? Schläge von der Polizei. Die Leute in Baden-Württemberg haben eine Regierung gewählt, mit der sie jetzt gar nicht einverstanden sind. Nie werden die Menschen direkt gefragt, was sie wollen, auch nicht bei großen Entscheidungen. Das merken sie jetzt und deswegen werden sie selbst aktiv. Sie sind nicht mehr nur Zuschauer. Sie fühlen sich als Subjekte und gehen auf die Straße, was die meisten von ihnen zuvor noch nie in ihrem Leben gemacht haben. Ich hab das ja in den letzten Jahrzehnten so noch nicht erlebt. Demokratie heißt nicht, alle vier Jahre seine ...
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