Nach dem Quelle-Schock
Hunderte Ex-Mitarbeiter weiterhin arbeitslos
Fürth. »Zunächst bin ich in ein tiefes Loch gefallen«, bekennt eine frühere Beschäftigte des Versandhauses. Knapp 800 ihrer ehemaligen Kollegen sind ein Jahr nach dem Zusammenbruch des Traditionsunternehmens ebenfalls noch immer arbeitslos. Wenn sie nicht bald einen neuen Job finden, droht ihnen – meist zum Jahresanfang 2011 – der Absturz in Hartz IV.
Edith Rilki (62) aus Fürth macht sich keine Illusionen: »In dem Alter nimmt mich keiner mehr. Jeder Personalchef fühlt sich doch verarscht, wenn ich mich bei dem um eine Stelle bewerbe«, analysiert sie ihre Lage schonungslos. Beim Arbeitsamt werde sie nur »verwaltet«. Ein Jobangebot habe sie bislang nicht bekommen.
150 Bewerbungen
Für Rilki brachte die Quelle-Pleite das vorzeitige Ende ihres Berufslebens. In einem Jahr geht sie in Rente. Dabei hätte sie noch gerne ein paar Jahre gearbeitet, sagt die frühere Betriebsrätin. Zuletzt war sie in der Auftragsbearbeitung der Quelle-Tochter SB-Großhandel beschäftigt. Wie viele ihrer Kollegen hatte Rilki jahrzehntelang bei Quelle gearbeitet. Was sie bei dem Quelle-Niedergang am Schlimmsten fand: »Diese ständige Hin und Her. Immer wieder wurde uns neue Hoffnung gemacht.«
Jutta Reck (46), zuletzt stellvertretende Betriebsleiterin im Mode-Hängeversand am Quelle-Standort Frauenaurach, zeigt sich auch nach 150 erfolglosen Bewerbungen keineswegs mutlos. »Ich habe so viel Erfahrung und Wissen, ich bin ohne weiteres in der Lage, ein Lager zu leiten«, betont sie. Derzeit frische sie bei einem vom Arbeitsamt finanzierten Kurs ihre Englischkenntnisse auf – gemeinsam mit drei früheren Quelle-Kolleginnen. Für einen neuen Job wäre die alleinerziehende Mutter auch bereit, ihre Heimstadt Fürth zu verlassen.
Stefan Kugler (43) veranlasste das Quelle-Aus zu einer grundlegenden beruflichen Neuorientierung. Der Fürther, der sich zuletzt um Kundenreklamationen bei Möbellieferungen kümmerte, arbeitet seit dem 1. April als Berufsmusiker. Er spielt in drei Bands und komponiert. Und er verdingt er sich als »Leihmusiker«.
Das Sekretärinnen-Plakat
Einfach sei der Start in die Selbstständigkeit nicht: »Jeden Morgen sitze ich am Computer und mache Akquise«, schildert Kugler den schwierigen Alltag. Bis Mitte nächsten Jahres will er auch ohne den Existenzgründungszuschuss der Arbeitsagentur über die Runden zu kommen. Dabei hatte er ein Leben als Berufsmusiker nie angestrebt.
Sabine Schweiger (39) hat dagegen fast übergangslos eine neue Stelle gefunden. Die frühere Quelle-Vorstandssekretärin arbeitet heute als Sekretärin in der Chefetage eines großen Nürnberger IT- Unternehmens. Lediglich einen Monat lang war sie arbeitslos.
Zu verdanken hat sie das möglicherweise auch einer pfiffigen Idee. Zusammen mit vier anderen Sekretärinnen engagierte sie einen Fotografen und ließ sich gemeinsam mit ihnen professionell ablichten. Auf Nürnberger Plakatwänden priesen sich die fünf Frauen später großformatig als die »Five Secretaries« an. Nachdem auch die Medien über die Aktion berichtet hatten, stand bei ihnen das Telefon nicht mehr still. Alle fünf Quelle-Sekretarinnen haben inzwischen wieder einen Job.
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