Jagd nach Himmelskörpern
Thüringens Landessternwarte wird 50 Jahre alt. Sie hat noch immer internationales Gewicht
Tautenburg. Es war die Zeit, in der sich Russen und Amerikaner mit Sputnik, Laika und Apollo einen Wettlauf im All lieferten. Am 19. Oktober vor 50 Jahren wurde idyllisch im Wald nahe Jena das fünftgrößte Spiegelteleskop der Welt übergeben – zunächst noch als ein gesamtdeutsches Projekt. Benannt wurde das neue Observatorium nach dem Pionier der modernen Astrophysik, Karl Schwarzschild (1873-1916). Seither jagen die Astronomen in Tautenburg nach unbekannten Planeten, Galaxien und Quasaren. Dabei mischen sie, eingebunden in internationale Projekte, noch immer weltweit vorn mit.
»Das Teleskop ist bis heute ein Unikum«, erzählt Helmut Meusinger von der Landessternwarte. »Es vereint zwei verschiedene Teleskoptypen: Ein Weitwinkelteleskop – Astronomen sagen Schmidt-Kamera dazu – und ein Spiegelteleskop.« Das war der wirtschaftlichen Situation geschuldet. Denn für zwei Teleskope, wie zu jener Zeit im Palomar-Observatorium in den USA neu aufgebaut, fehlte das Geld. »Das Weitwinkelteleskop war zu dem Zeitpunkt das größte seiner Art und ist es bis heute streng genommen noch immer.«
Die Idee zu dem Observatorium reicht bis Ende der 1930er Jahre zurück. Doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Pläne vorangetrieben, insbesondere vom Direktor des Potsdamer Astrophysikalischen Instituts Hans Kienle. Zunächst wurde daher an einen Standort bei Potsdam gedacht.
Ein 65-Tonnen-Teleskop
Mit dem Wechsel Kienles nach Heidelberg wurde davon jedoch Abstand genommen und die Wahl fiel auf Tautenburg in Thüringen. »Wichtigster Punkt dabei war die Nähe zum Generalauftragnehmer Carl Zeiss in Jena«, erklärt Meusinger. Denn auch für die Zeissianer war dieses Teleskop ein Novum. Mehr als 13 Millionen DM kostete der Bau des Observatoriums, das am Nachmittag des 19. Oktober 1960 mit einer Feier eingeweiht wurde. 65 Tonnen war das Teleskop schwer und von einer 20-Meter-Kuppel mit einem fünf Meter breiten Spalt umgeben. Nach einigen Nacharbeiten konnten mit dem Fernrohr erstmals am 16. November 1960 wissenschaftliche Beobachtungen gemacht werden. Mitte der 1960er Jahre endete die Arbeit des gesamtdeutschen Konsortiums dann als Folge der deutschen Teilung.
Zu den Aufgaben des Observatoriums gehörte es, große Himmelsgebiete mit der neuen Weitwinkelkamera abzubilden, erläutert Meusinger. Später kam die Suche nach Quasaren hinzu, die damals als neue Objektklasse im All entdeckt wurden. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde nach einer Empfehlung des Wissenschaftsrates aus dem Observatorium die Landessternwarte gegründet.
Inzwischen ist die Entwicklung bei den Teleskopen fortgeschritten: Es gibt weitaus größere Spiegelteleskope auf der Erde und Weltraumteleskope wie Hubble, Kepler und Corot außerhalb der Erdatmosphäre. Dennoch sind kleinere Teleskope wie das in Tautenburg für die Forschung wichtig. »Wir übernehmen Aufgaben, die von den Großteleskopen nicht zu bewältigen sind, etwa wenn bestimmte Objekte über längere Zeit zu beobachten sind«, sagt Meusinger.
Im europäischen Verbund
Die Tautenburger halfen mit, den ersten Gesteinsplaneten außerhalb des Sonnensystems zu finden: Corot-7b, der 500 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Mit Hilfe des Zwei-Meter-Teleskops konnten in den vergangenen Jahren mehr als zehn Planeten außerhalb des Sonnensystems gefunden werden. Es ist nach wie vor das Herzstück des Observatoriums, das inzwischen auch über ein Radioteleskop verfügt. Das Antennenfeld erfasst elektromagnetische Strahlung und ermöglicht es, im europäischen Verbund ferne Planeten, Sterne und Galaxien anhand von Radiowellen zu beobachten. Das Jubiläum wird seit gestern mit einer Fachtagung gewürdigt. Am 13. November können Interessierte bei der »Langen Nacht der Sterne« in Tautenburg gemeinsam mit Wissenschaftlern Sterne beobachten.
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