»Irgendeiner ist immer betroffen«
Flugrouten: DFS weist Berichte über falsches Datenmaterial zurück / Dritte Startbahn nicht möglich
Wer künftig vom Lärm des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) betroffen sein wird und in welchem Maße, ist heute keineswegs genau vorherzusagen. Aber dass beispielsweise auch Potsdam »betroffen sein könnte«, das stellte Axel Raab von der Deutschen Flugsicherung (DFS) gestern klar.
Nachdem die DFS mögliche An- und Abflugrouten veröffentlicht hatte, sorgte das vor allem im Südwesten Berlins und dem Umland für Unmut, der immer noch anschwillt. Wider Erwarten merkten plötzlich auch Bewohner von Wannsee und Grunewald, aber auch brandenburgischer Orte wie Kleinmachnow und Teltow, dass sie sich auf Fluglärm einstellen müssten.
Die Massivität der Proteste habe »überrascht«, sagte Raab. Dabei handele es sich zunächst lediglich um einen Vorschlag, den die Flugsicherung der zuständigen Fluglärmkommission unterbreitet habe. Die Kommission müsse sich jetzt einen Standpunkt dazu erarbeiten. Die Aufnahme weiterer Kommunen in die Kommission, die jetzt schon 34 Mitglieder hat, werde eine Lösung jedenfalls nicht einfacher machen, meinte Raab. Die Kommission müsse sich aber nicht einig sein. »Es wird mehrheitlich entschieden.«
Die DFS wies Berichte zurück, wonach die von ihr vorgeschlagenen Flugrouten auf veralteten Daten beruhten. Vielmehr bildeten die jüngsten offiziell verfügbaren Bevölkerungszahlen die Grundlage. Diese hätten den Stand von Ende 2008. »Neuere Zahlen gibt es nicht«, sagte der DFS-Sprecher. Die Flugsicherung müsse damit leben, dass ihr der »Schwarze Peter« zugeschoben wird, wenn sie Flugrouten festlegt. »Sie werden immer irgendjemanden treffen.« Es gebe in dieser Region nun einmal keine unbesiedelten Gebiete. Laut Raab hat die Flugsicherung »schon Ende der 90er Jahre darauf aufmerksam gemacht«, dass Flugzeuge nach dem Start in einem Winkel von 15 Grad abbiegen müssen. Dies habe aber seither in allen Veröffentlichungen der Flughafengesellschaft keine Rolle gespielt.
Raab meinte, dass es ohnehin die »eine« Route gar nicht geben könne, weil verschiedene Flugzeuge langsamer steigen als andere, also auch länger vom Boden aus zu hören sein werden. Es könne sein, dass die überwiegende Zahl die Route und auch die vorgesehene Steigung einhält, doch werde es dabei »Ausrutscher geben«. An erster Stelle stehe bei der endgültigen Entscheidung die Sicherheit, dann komme die Wirtschaftlichkeit und die Frage der Lärmbelastung. Das Lärmempfinden der Menschen habe zugenommen. »Wir versuchen immer, einen Weg zu finden, wo möglichst wenig Menschen betroffen sind.« Schon aus Umweltgründen müssten aber zu lange Flugwege vermieden werden, um den CO2-Ausstoß nicht unnötig zu erhöhen. »Wir versuchen, dicht besiedelte Gebiete zu umfliegen.« Nur sei das in Regionen wie Berlin-Brandenburg sehr schwierig.
Der Fachmann sieht allerdings »eine Menge Spielraum«. Aus seiner Sicht müssten Blankenfelde und Mahlow, die am dichtesten am Airport liegen, vor dem absehbaren Höchstmaß an Lärmbelastung geschützt werden. Das könne auch um den Preis sein, dass insgesamt mehr Menschen einer Belastung ausgesetzt sind, die aber geringer ausfalle. Der bisherige Protest unterscheide sich deutlich von dem der 70er und 80er Jahre gegen die »Starbahn West« in Frankfurt am Main, merkte Raab an. Seinerzeit sei es sehr stürmisch und auch zum Teil gewalttätig zugegangen. Heute klagen Anwälte oder Zahnärzte. Auf die Frage, ob sie damit erfolgreicher sind, sagte Raab: »Nicht unbedingt.«
Der Sprecher der Flughafengesellschaft Ralf Kunkel wies gestern den Vorschlag des SPD-Politikers Peter Danckert zurück, eine dritte Starbahn am BBI zu bauen. Davon könne »weder räumlich noch gedanklich« die Rede sein. Insgesamt sei es richtig, in Berlin rund 200 000 Menschen vom innerstädtischen Fluglärm zu entlasten und dafür die Belastung von rund 42 000 Menschen im Umland in Kauf zu nehmen.
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