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Beute machen am Wasserhahn

LINKE weist Mitverantwortung für überhöhte Tarife in der Hauptstadt von sich

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Sonnabend, null Uhr, stehen die Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe im Internet. Der Berliner Wassertisch bricht sein Engagement für eine Veröffentlichung der bislang geheimen Verträge deshalb jedoch keineswegs ab. Die mediale Offenlegung durch die »tageszeitung« (taz) könne die gesetzliche nicht ersetzen, erläuterte Sprecher Thomas Rudek. Jetzt, wo die Verträge offen einsehbar sind, sollte der Senat die Flucht nach vorn antreten und die Transparenz im Wassergeschäft noch vor einem Volksentscheid »juristisch wasserdicht« machen, hieß es vom Wassertisch. Senatssprecher Richard Meng äußerte sich zurückhaltend. Zunächst müsse man die Folgen der Veröffentlichung prüfen.

Im Zuge der gleichzeitigen Veröffentlichung einer Änderungsvereinbarung zu den Wasserverträgen aus dem Jahr 2004 steht der Vorwurf im Raum, Wirtschaftssenator Harald Wolf habe die Kunden der Wasserbetriebe mit zusätzlichen Tarifsteigerungen belastet, damit das Land Berlin neben den privaten Eigentümern RWE und Veolia ebenfalls satte Gewinne kassieren kann.

Diesem Eindruck widersprach gestern der LINKE-Landesvorsitzende Klaus Lederer. Die unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) abgeschlossenen Verträge seien Grundlage einer »Raub- und Beutegemeinschaft« gewesen, sagte er. Schon damals sei angelegt gewesen, dass sowohl die privaten Konzerne als auch das Land Berlin auf Kosten der Kunden ihren Schnitt machen. Dass zunächst RWE und Veolia den Löwenanteil einstrichen, habe daran gelegen, dass die Tarife für die ersten drei Jahre »künstlich eingefroren worden sind«. Damit die Konzerne trotzdem den garantierten Gewinn erhalten konnten, habe das Land Berlin damals zurückstehen müssen. Weshalb aber verzichtete der rot-rote Senat 2004 nicht, um die Tarife wenigstens einigermaßen unter Kontrolle zu halten?

Lederer erklärte das mit der besonderen Situation in jener Zeit. Berlin klagte damals vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf Finanzhilfen des Bundes, um aus seiner Schuldenfalle herauszukommen. Darum sei es nicht möglich gewesen, auf Gewinne zu verzichten. Berlin habe eigene Bemühungen um eine Sanierung des Haushalts vorweisen müssen, um seine Chancen in Karlsruhe nicht zu gefährden. »Es ist ein Mythos, dass das Land Berlin sich 2004 einseitig von den 1999 geschlossenen Verträgen und geschaffenen Tatsachen hätte lösen können«, versicherte Lederer. Die LINKE werde allerdings alles tun, um mindestens eine Neuverhandlung der Wasserprivatisierung zu erreichen.

Der Abgeordnete Jochen Esser (Grüne) glaubt, dass Wirtschaftssenator Wolf 2004 hätte verhindern können, dass die Investoren weiter so großzügig bedient werden. Wolf selbst betonte, mit der Änderungsvereinbarung habe das Land Berlin keinerlei Verpflichtung übernommen, die über die Verträge von 1999 hinausgehe. Die privaten Eigentümer hätten die Möglichkeit gehabt, ihre Interessen juristisch durchzusetzen. »Das hätte ein großes Haushaltsrisiko und zusätzliche Verfahrenskosten zur Folge gehabt.« FDP-Fraktionschef Christoph Meyer sagte, die Union trage die Verantwortung für überhöhte Wasserpreise.

Wassertisch-Sprecher Rudek meinte indes, jetzt sei der Weg frei für eine kostengünstige Rekommunalisierung der Wasserbetriebe. Gleichzeitig schränkte er ein, dass noch zu klären bleibe, ob wirklich alle Vertragsdokumente einzusehen sind und ob man sie vor Gericht verwenden könne. Experten halten Klagen gegen die überhöhten Tarife inzwischen für aussichtsreich.

www.taz.de/wasservertrag

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