Doppelt hält nicht besser
LINKE will mit Bund und Arbeitsagentur über Bürgerarbeit und Fortbestand des ÖBS verhandeln
Bis zu 8000 Arbeitsplätze sind im Öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) seit dessen Bestehen geschaffen worden. Das Programm des rot-roten Senats holt Langzeitarbeitslose zurück ins Berufsleben und soll auch den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen.
Doch bis 2014 will der Bund die Mittel für die Arbeitsmarktförderung um bis zu 45 Prozent kürzen. Die verbleibenden Mittel sind für das bundesweite Modellprojekt der Bürgerarbeit reserviert. »Damit verringern sich die Spielräume, gute Arbeit im öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zu organisieren, erheblich«, so die Linkspartei. Sie kündigte daher an, alles zu unternehmen, damit »die Bürgerarbeit in Berlin zu ÖBS-Bedingungen ausgestaltet werden kann«. Unter anderem formulierte Sozialsenatorin Carola Bluhm (LINKE) die Aufforderung an den Bund, eine Kofinanzierung durchs Land zuzulassen. »Wir wollen in Berlin Bürgerarbeit unter vernünftigen Bedingungen, wie wir sie für unseren ÖBS definiert haben.«
Die Zahl der ÖBS-Stellen nimmt bereits ab. Denn die JobCenter planen stattdessen immer mehr Stellen in der Bürgerarbeit. Menschen, die per ÖBS bereits wieder Fuß gefasst haben im Arbeitsleben, laufen jetzt Gefahr, ihre Stelle zu verlieren, kritisiert Anja Wollny, Sprecherin des Sozialsenats. Bereits gewachsene Strukturen würden so weggestrichen. Der Senat selbst beteiligt sich finanziell zur Zeit nicht an Bürgerarbeit, jedoch haben acht JobCenter an der Ausschreibung des Modellversuchs Bürgerarbeit teilgenommen und den Zuschlag bekommen. Dadurch können rund 2300 Beschäftigungsverhältnisse entstehen – allerdings zu Niedriglohnbedingungen.
Bei der LINKEN herrscht Unverständnis. Die Bundesregierung erprobt mit der Bürgerarbeit die gekürzte Version eines Projektes, das bereits erfolgreich funktioniert. Der Sozialsenat bekräftige daher erneut seine Einladung an den Bund, sich in den Berliner Bezirken ein Bild vom ÖBS zu machen, so Wollny. »Berlin ist ein gutes Beispiel, eigentlich ist keine weitere Erprobung nötig«, betont Wollny. Außerdem kommt es durch die Bürgerarbeit in Berlin zu Überschneidungen. Wie der ÖBS soll die Bürgerarbeit nur eine ergänzende Beschäftigung sein, reguläre Stellen dürfen damit nicht ersetzt werden.
Die Arbeit im Rahmen des ÖBS ist sozialversicherungspflichtig und wird tariflich entlohnt. Sie soll zudem existenzsichernd sein, daher werden Stellen im Rahmen des ÖBS mit 7,50 Euro die Stunde, respektive mindestens 1300 Euro im Monat, vergütet. Die Bürgerarbeit der Bundesregierung sieht hingegen nur eine Entlohnung zwischen 600 und 900 Euro im Monat vor, so dass Arbeitnehmende hier weiterhin auf Transferleistungen angewiesen sind. Hinzu kommen noch zehn Coaching-Stunden, bei denen die »Bürgerarbeiter« Bewerbungstraining absolvieren müssen, so dass der Stundenlohn weit unter Mindestlohnstandard rangiert.
»In der Auseinandersetzung mit dem Sparpaket der Bundesregierung werden wir unsere Vorstellungen zu öffentlich geförderter Beschäftigung erneut formulieren und dazu auch parlamentarische Initiativen ergreifen«, betonten neben der Sozialsenatorin auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Elke Breitenbach und Kerstin Liebich, Staatssekretärin für Integration und Arbeit.
Mit der Bundesagentur für Arbeit wolle man weiter darüber verhandeln, dass trotz der Einsparungen durch die Bundesregierung der bisherige ÖBS weiterfinanziert werden kann, wenn vermutlich auch in geringerer Anzahl der Stellen, hieß es.
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