Kräuter statt Kraut

In der Pfalz orientieren sich ehemalige Tabakanbauer um – und setzen vor allem auf Petersilie

  • Marc Strehler, dpa
  • Lesedauer: 4 Min.
Die EU-Subventionen für den Tabakanbau laufen in den kommenden Jahren aus. Was aus den Produzenten wird, ist vielerorts unklar.

Herxhein-Hayna. Dass er eines Tages im großen Stil mit getrockneter Petersilie handeln würde, hätte sich Kurt Metz vor ein paar Jahren nicht träumen lassen. Seit er sich erinnern kann, ist der 63-Jährige aus dem pfälzischen Herxheim-Hayna im Tabakgeschäft. Jetzt hat er sich mit der Petersilie ein zweites Standbein aufgebaut. Denn: Die Subventionen der Europäischen Union für den Tabakanbau laufen aus, der Anbau wird sich spätestens vom Jahr 2013 an wohl für viele Betriebe in Deutschland nicht mehr lohnen. Alternativen müssen her. In Bayern wurde erfolglos der Anbau von Haselnüssen getestet. Die Erzeugergemeinschaft Pfalzkräuter setzt vor allem auf Petersilie.

Warten auf ein Wunder

20 Erzeuger sind derzeit in der Pfalz zusammengeschlossen, unter ihnen einige ehemalige und einige Noch-Tabakanbauer. Sie pflanzen auf ihren Feldern im Umkreis von 30 Kilometern um Herxheim-Hayna nun auch Petersilie an. Metz übernimmt dann die Trocknung und den Vertrieb der Kräuter. Auf einem Gelände am Ortsrand von Hayna steht eine riesige Anlage, in der die Kräuter getrocknet, sortiert und verpackt werden. In diesen Tagen steht die Anlage meist still, die Ernte ist so gut wie abgeschlossen. Die Bauern in der Region haben lange sehr gut gelebt vom Tabak – drei Viertel und mehr ihrer Einnahmen waren im Endeffekt aber Subventionen. Auch den Ausstieg aus dem Tabakanbau, der in der Südpfalz eine mehr als 400 Jahre lange Tradition hat, hat man den Landwirten versilbert. Vielleicht auch deshalb ist das vom Land Rheinland-Pfalz angeschobene Projekt Petersilie bei einigen auf Skepsis und Zurückhaltung gestoßen – obwohl schon seit Jahren klar ist, dass es die Subventionen für Tabak bald nicht mehr geben wird.

»Zu viele warten noch immer auf ein Wunder«, sagt Metz – also, dass es mit den Subventionen doch noch irgendwie weitergeht. »Aber das wird es nicht geben.« Er hat deshalb die Initiative ergriffen und kräftig in neue Anlagen investiert, um ein professionelles Geschäft mit der Petersilie aufzuziehen. Der Anfang war schwer, sagt Metz, aber er ist optimistisch, dass die grünen Kräuter den Landwirten eine vernünftige Einnahmebasis schaffen werden, auch wenn sie nicht so verlässlich wie beim Tabak sein wird. »Bei Tabak ist die Ernte immer gelaufen«, sagt Metz. »Das ist jetzt halt vorbei.«

Zahlreiche Ernten

In diesem Jahr etwa fiel die Petersilienernte wegen des Wetters nicht so berauschend aus. »Wir hatten eigentlich nur bei der Aussaat gutes Wetter«, sagt Sebastian Weinheimer, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft. Er ist überzeugt, dass höhere Erträge möglich sind. So gut wie mit dem Tabak würden die Landwirte aber mit der Petersilie nicht verdienen, glaubt auch Weinheimer. Selbst wenn das milde Klima in der Südpfalz den Bauern überdurchschnittlich viele Schnitte ermöglicht, also Ernten der Petersilie pro Jahr. 100 Hektar betrug die Anbaufläche dieses Jahr. Für das Unternehmen Metz liegt der Vorteil des neuen Standbeins auch darin, dass es sein Personal effektiver einsetzen kann. Beim Tabak ist die Arbeit vor allem im Winter zu tun, wenn die Petersilie bereits durch ist. Mit der Kombination Tabak/Petersilie kann Metz Personal und auch Anlagen besser auslasten.

Die Anbaufläche für Tabak lag in Deutschland im vergangenen Jahr noch bei etwas mehr als 3000 Hektar. Die Tabakproduktion ist bis heute sehr personal- und damit kostenintensiv. Den Bauern bleiben daher kaum Möglichkeiten, den Wegfall der Subventionen über Einsparungen zu kompensieren.

Vorrat vor der Haustür

Metz hat dennoch Hoffnung, dass es in Deutschland irgendwie mit dem Tabakanbau weitergehen wird. Und auch beim Bundesverband deutscher Tabakpflanzer warnt man vor Resignation. »Ich würde zwar derzeit niemandem raten, frisches Geld zu investieren«, sagt der 1. Vorsitzende Hermann Pfanger. Er glaube aber schon, dass sich die europäische Tabakindustrie auch in Zukunft »gewisse Mengen vor der eigenen Haustür« sichern wollen werde. Man sei in Gesprächen.

Klar ist: Nicht für alle Tabaksorten sind die Aussichten gleich gut. Der Markt für die Sorte Burley ist dieses Jahr in Deutschland komplett zusammengebrochen. Der Unternehmer Metz setzt vor allem auf den Geudertheimer, für den er einen zuverlässigen Abnehmer hat, der auch künftig kaufen will. Und auch für die Sorte Virgin hat Metz Hoffnung: Sie landet vor allem in Wasserpfeifen.

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