»Geheime« Änderung war öffentlich
Wirtschaftssenator Wolf (LINKE) erinnert an Parlamentsdebatte von 2004 zu Wasserpreisen
Die angeblich geheime 5. Änderungsvereinbarung zum Gesetz über die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe, die eine Erhöhung der Wasserpreise betraf, wurde öffentlich behandelt, stellte gestern Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) klar. Im Oktober 2003 sei das Gesetz in einer öffentlichen Sitzung des Abgeordnetenhauses in erster Lesung diskutiert worden. »Es wurde nichts verheimlicht. Von einer geschlossenen Sitzung gebe es kein öffentliches Protokoll.«
Senator Wolf fragte namentlich die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Ramona Pop und Volker Ratzmann, sowie die »Tageszeitung«, wo sie am Tage der Parlamentsdebatte denn gewesen seien. Er wies Behauptungen zurück, die Vereinbarung sei für Öffentlichkeit und Parlament eine Überraschung. »Die Existenz der Änderungsvereinbarung ist keine Neuigkeit, sondern wurde 2004 im Zusammenhang mit der Novelle des Betriebe- gesetzes parlamentarisch intensiv diskutiert und beschlossen«, erinnerte er.
Als Beleg führt Wolf die Rede des Finanzexperten Jochen Esser an, die im Plenarprotokoll 15/37 der 37. Sitzung des Abgeordnetenhauses am 30. Oktober 2003 vollständig dokumentiert sei. Sie zeige, dass »zumindest ein grüner Abgeordneter nicht nur den Sachverhalt verstanden hat, sondern auch konkret wiedergeben konnte«.
So spricht Esser 2003 vom »Fluch der bösen Tat« der Teilprivatisierung mit zweistelliger Renditegarantie auf das eingesetzte Kapital der Käufer. Das heiße, die Renditegarantie für die Investoren sei fix, und alles, was der Betrieb nicht erwirtschafte, zahle das Land Berlin. »Dass ausgerechnet Herr Wolf, einst einer der schärfsten Kritiker dieses Deals, ihn nun umsetzen und vertreten muss, ist Ironie der Geschichte«, offenbarte der grüne Experte Esser damals seinen Sinn für die Zusammenhänge.
Für seine Parteifreunde Pop und Ratzmann war jetzt aber klar: »Dass die Wasserpreise seit Jahren steigen können, geht auf das Konto von Harald Wolf.« Er habe es »ausgenutzt«, dass die Verträge nicht offengelegt werden mussten, und »mit Vertragsänderungen zu Lasten der GebührenzahlerInnen und gegen verfassungsrechtliche Vorgaben die Gewinnerwartungen der Privaten erfüllt«. Das sei »durch die jetzt erfolgte Veröffentlichung klar geworden«.
Derweil wird der Wirtschaftssenator nicht müde zu erklären, dass
aus dem Teilprivatisierungsvertrag von 1999 eine Ausgleichsverpflichtung des Landes an die privaten Anteilseigner resultiere. Die Änderungsvereinbarung von 2004 habe lediglich ihre Umsetzung betroffen.
Am 19. Februar 2004 war über die Änderung öffentlich abgestimmt worden. Eine Beratung hatten die Fraktionen nicht gewünscht.
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