Ab 13 Uhr flossen die Wasserinformationen
Private Eigentümer ließen Verträge öffentlich machen / Neuverhandlung und Rekommunalisierung gefordert
Ein Aufruf der Webseiten www.wasserpartner-berlin.de und www.berlin.de/sen/finanzen/ bestätigte gestern Mittag, die Berliner Wasserverträge sind nun offiziell offen. Gegen 13 Uhr stünden die »authentischen, notariell beurkundeten Fassungen« aller Vereinbarungen zum Download bereit, hatten als Partner des Vertrages zur Teilprivatisierung Berlin und die Mitgesellschafter Veolia und RWE mitgeteilt.
RWE-Geschäftsführer Christoph Hilz erklärte: »Jetzt ist es soweit, wir schaffen Transparenz. Alle Interessierten können sich einen Überblick über das vollständige Material verschaffen.« Michel Cunnac, Vorsitzender der Geschäftsführung von Veolia, hoffte auf ein Ende der Spekulationen und eine Versachlichung der Diskussion.
Damit ist der für 2011 durchgesetzte Volksentscheid aber nicht vom Tisch. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht die Forderungen des Volksbegehrens erfüllt. Doch der Sprecher des Wassertisches, Thomas Rudek, besteht weiterhin auf einem Gesetz.
In langen und zähen Verhandlungen mit den Konzernen hatte sich Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) um die Offenlegung bemüht. Nun bedurfte es nach der Veröffentlichung des Vertrages in der taz immer noch eines offenbar nachdrücklichen Wortes des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). Er habe sich in die Gespräche eingeschaltet, die »jetzt zum Erfolg geführt wurden«, hieß es offiziell.
Er begrüße diese Entscheidung der privaten Mitgesellschafter, sagte Wowereit und stellte klar, diese seien damit »auch meinem Wunsch nach Offenlegung der Verträge nachgekommen«. Er führte die Veröffentlichung ausdrücklich auch auf die Novellierung des Informationsfreiheitsgesetzes durch die rot-rote Koalition zurück. Dies habe für das jetzige Vorgehen die rechtliche Grundlage geschaffen. Das Gesetz fordert Transparenz in den Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wowereit unterstrich: »Wasser ist eine öffentliche Angelegenheit – Wasser geht uns alle an.«
»Überfällig« nannte Wirtschaftssenator Wolf den Schritt der Privaten. Er bedauerte, dass sich Veolia und RWE »trotz Drängens und mehrfacher Aufforderung erst jetzt dazu entschlossen haben«. Der öffentliche Druck sei gewachsen, wesentliche Vertragsinhalte wären veröffentlicht. Als Ziel bekräftigte Wolf die Neuverhandlung der Verträge, »die das Land Berlin geknebelt und die Wasserpreise in die Höhe getrieben haben«.
Auch der Landes- und Fraktionschef der SPD, Michael Müller, machte deutlich, dass seine Partei das Ziel habe, den Einfluss des Landes auf die Wasserbetriebe und die Wasserversorgung auszubauen. »Dazu zählt natürlich auch, dass wir die Möglichkeit des Rückkaufs von weiteren Anteilen bzw. der gesamten Anteile der Privaten an den Wasserbetrieben in den Verhandlungen weiter verfolgen. Sofern sich diese Möglichkeit des Rückkaufs zu machbaren Konditionen in den Verhandlungen bietet, wollen wir diesen Weg einschlagen.«
»Wir erwarten, dass jetzt auch in anderer Hinsicht die Zeichen der Zeit verstanden werden«, bekräftigte der Landesvorsitzende der LINKEN, Klaus Lederer. Beide Konzerne sah er gefordert, »mit dem Land Berlin über die Möglichkeiten eines Anteilsrückkaufs, mindestens aber einer Änderung der Verträge, zu verhandeln«. Für die Berliner gehe es in der Sache um »Senkung der Wasserpreise, Beendigung der Gewinngarantie für die Anteilseigner, Rückübertragung der Kontrolle über das Berliner Wasser an die öffentliche Hand«.
Dem Berliner Wassertisch gratulierte der Landesvorsitzende der Grünen Stefan Gelbhaar zu einem »riesigen Erfolg«. Mehr als eine Viertelmillion Menschen hätten mit Nachdruck mehr Transparenz gefordert, sagte er. Der Senat werde angesichts der bisher erfolgten Teilveröffentlichungen »kaum erklären können, warum er die Berlinerinnen und Berliner nochmals abstimmen lassen will«. Der Senat sollte den verbliebenen Forderungen des Berliner Wassertisches umgehend nachkommen.
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