Mehr Platz für Radler und Fußgänger

Verkehrsplan geht von Rückgang des Autoverkehrs aus, neue Straßen werden trotzdem geplant

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Bewegungsform der Zukunft heißt »multimodal«: Die Berliner sind nicht mehr aufs Auto fixiert, sondern entscheiden immer aufs Neue, welches Verkehrsmittel sie nutzen. Längere Strecken werden mit Bus oder Bahn bewältigt, für den Weg zur Haltestelle wird das eigene oder ein Leihfahrrad genutzt. Wer doch gelegentlich einen Pkw braucht, teilt ihn sich mit anderen. In der Innenstadt wurden Hauptstraßen zu Boulevards umgebaut, und Berlin gilt als eine der fußgängerfreundlichsten Metropolen Europas. So stellt sich jedenfalls Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) den Verkehr im Jahr 2040 vor. Festgehalten ist dieses Leitbild im Entwurf des Stadtentwicklungsplans Verkehr, der derzeit in ihrem Haus erarbeitet wird und Anfang nächsten Jahres vom Senat beschlossen werden soll. Er schreibt den Plan von 2003 fort und soll bis 2025 gelten.

Besonders in der Innenstadt will Junge-Reyer den Straßenraum zu Gunsten des öffentlichen Nahverkehrs, vor allem aber auch für Radfahrer und Fußgänger reorganisieren. Derzeit sind noch zwei Drittel des Straßenraums für Kraftfahrzeuge »reserviert«, die aber lediglich für ein Drittel der Wege genutzt werden. Der Anteil des Autoverkehrs ging seit 1998 um sechs auf 32 Prozent zurück, im Jahr 2025 soll er bei 25 Prozent liegen. Dagegen stieg der Anteil der zu Fuß zurückgelegten Wege von 25 auf 28 Prozent, der per Fahrrad von 10 auf 13 Prozent. Für das Jahr 2025 erwarten die Planer, dass 28 bzw. 18 Prozent der Wege zu Fuß oder per Rad absolviert werden und Busse und Bahnen ihren Anteil um zwei auf 29 Prozent steigern.

Entsprechend sollen zu Lasten des Autoverkehrs neue Radstreifen und Fahrradstraßen entstehen. Die können auch mit dem Leihrad genutzt werden: Im kommenden Frühjahr wird Berlin zusammen mit der Bahntochter DB Rent etwa 70 Stationen im Stadtzentrum einrichten, an denen bis zu 1300 Räder ausleihbar sein sollen. Auch die Belange der Fußgänger sollen besser berücksichtigt werden, etwa durch mehr Querungsmöglichkeiten von Hauptstraßen.

Neue Projekte für den Nahverkehr sind dagegen nicht in Sicht. Der Entwurf bestätigt mit der Verlängerung der U 5 und dem Bau der S-Bahn-Linie 21 vom Nordring zum Hauptbahnhof und später zum Potsdamer Platz lediglich die bereits seit langem geplanten Vorhaben. Ähnlich bei der Straßenbahn: Die Strecken von der Invalidenstraße zum Hauptbahnhof, vom Alex durch die Leipziger Straße zum Kulturforum und von Adlershof zum Bahnhof Schöneweide standen schon im Plan von 2003. Die Stadt sei nicht in der Lage, große Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren, die Erhaltung des Bestandes habe Vorrang, so die Senatorin.

Der Autoverkehr soll in der Innenstadt weiter reduziert werden, etwa durch die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung oder den Umbau der Straßenschneise am Molkenmarkt. Festgehalten wird jedoch am Ausbau der A 100, und zwar nicht nur bis zum Treptower Park, sondern bis zur Frankfurter Allee. Neue Straßenverbindungen sind auch zwischen der Schnellerstraße in Treptow und der Rummelsburger Landstraße in Lichtenberg sowie zwischen Biesdorf und Köpenick (Tangentialverbindung Ost) geplant. Außerdem soll es jährlich 40 statt der geplanten 20 Millionen Euro für den Abbau des »Instandhaltungsrückstaus« bei der Straßenunterhaltung geben.

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