Schulessen aus der Sparbüchse

LINKE in Sachsen legt Änderungswünsche zum Haushalt vor, verzichtet aber auf Schulden

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Dezember beschließt Sachsens Landtag den Etat 2011/12. Die LINKE fordert höhere Ausgaben für Soziales, Bildung und die Kommunen. Schulden wollen die Genossen dafür nicht aufnehmen. Die Sparbüchse des Finanzministers aber würden sie angreifen.

Die Minister im sächsischen Kabinett müssten sich in Verzicht üben. Sowohl 2011 als auch 2012 sollen ihre Gehälter eigentlich steigen. Da aber im Dezember im Landtag ein Haushalt verabschiedet werden dürfte, der in vielen Bereichen harte Einschnitte vorsieht, sollten die Minister ihre Gehälter vorerst einfrieren, sagte gestern André Hahn, der Chef der Linksfraktion.

Mehr als Symbolik wäre es freilich nicht; das ist Hahn klar. Würden sich die neun Minister und der Regierungschef, der zu den bestbezahlten in Deutschland gehört, bescheiden, würde das Land 2011 gut 38 000, im Jahr darauf 58 200 Euro sparen – ein marginaler Betrag in einem Haushalt, in dem die Ausgaben um 1,2 Milliarden Euro gesenkt werden sollen. Wer anderen an den Geldbeutel gehe, solle aber selbst sparen, so Hahn: »Das wäre ein Gebot der Redlichkeit.«

Gleichzeitig sind Hahns Genossen indes auch der Überzeugung, dass die Einschnitte im Sozial- und Kulturbereich, bei Nahverkehr und Bildung überflüssig sind oder weniger hart ausfallen müssen. Gestern wurden 134 Änderungsanträge zum Etat vorgestellt, die das belegen sollen. Die LINKE will dabei unter anderem den Kommunen 75 Millionen für Investitionen zubilligen, die bisherige Jugendpauschale erhalten, die Streichungen beim Nahverkehr abwenden und neue Kindergärtnerinnen und Lehrer an Grundschulen einstellen. Um dies zu finanzieren, erklärt Finanzpolitiker Sebastian Scheel, müsse man 2011 rund 472 Millionen, im Jahr darauf 583 Millionen mehr als die CDU/FDP-Regierung ausgeben.

Neue Schulden seien dafür allerdings nicht nötig – auch wenn sich die LINKE diese Option im Frühjahr, als noch über Kürzungen von 1,7 Milliarden Euro orakelt wurde, offengelassen hatte. Weil sich die finanzielle Lage des Landes gebessert habe, sei das nicht mehr nötig, so Scheel. Die Fraktion beschränkt sich jetzt darauf, an verschiedenen Stellen zu streichen, etwa bei den Vertretungen des Freistaats in Berlin und Brüssel, wo man mit den Ländern Sachsen-Anhalt und Thüringen kooperieren solle, oder bei den Landesdirektionen, deren Zahl auch die Koalition reduzieren wollte, ohne das bisher etwas geschah. Gestrichen wird zudem beim Verfassungsschutz, der einer Analyse der Grünen zufolge in Sachsen erheblich überdimensioniert ist. Unterm Strich brauche man 250 Millionen mehr als die Regierung.

Die sollen den Plänen der LINKEN zufolge aus den Sparbüchsen des Finanzministers geholt werden, von denen auf dem Gipfel der Krise angenommen worden war, sie seien Ende 2010 leer. Tatsächlich beziffert Scheel den Inhalt der Töpfe für die Folgen des Landesbank-Debakels (Scheel: »CDU-Erblastentilgungsfonds«) sowie Beamtenpensionen und generelle Rücklagen auf zwei Milliarden. Diese unangetastet zu lassen und gleichzeitig »auf Kosten Dritter zu konsolidieren«, wie Scheel mit Blick auf die Lage von Kommunen und sozialen Trägern sagt, sei nicht akzeptabel – ebensowenig wie die weitere Tilgung von Schulden, die ausgesetzt werden solle. Andererseits betont die LINKE, man erkenne einen gewissen Sparzwang an und wolle Geld nicht mit vollen Händen ausgeben: »Wir hätten«, so Hahn, »viel mehr Wünsche gehabt.«

Manche Wünsche der Abgeordneten kosten auch wenig Geld, etwa der nach einem übersichtlichen Etat-Entwurf. Nachdem die Regierung angekündigt hat, Korrekturen durch die jüngste Steuerschätzung auf 2000 Seiten erst zwei Wochen vor den Beratungen nachzureichen, spricht die SPD von einer »Farce« und kündigte eine juristische Prüfung des Verfahrens an.

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