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Stasi-Tätigkeit von Firmenchefs ist irrelevant
Opposition fordert einen Stopp der Immobilienverkäufe durch die Brandenburgische Boden Gesellschaft
Vor dem Hintergrund von Stasi-Vorwürfen gegen die Geschäftsführung der Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) haben die Oppositionsfraktionen im Landtag einen sofortigen Verkaufsstopp für das Unternehmen gefordert. Die BBG veräußert Liegenschaften aus dem Besitz des Landes Brandenburg.
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hätte hier schon längst tätig werden müssen, sagte gestern die CDU-Fraktionsvorsitzende Saskia Ludwig. Der Vertrag mit der BBG sollte gekündigt werden oder zumindest ruhen.
Nach Informationen des Senders rbb war der heutige BBG-Geschäftsführer Frank Marczinek genauso Inoffizieller Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit wie der frühere zweite BBG-Geschäftsführer und derzeitige Rechtsberater des Unternehmens, Harald Holland-Nell. Unter ihrer Ägide hatte die BBG 2007 das rund 110 Hektar große Kasernengelände in Potsdam-Krampnitz für gut vier Millionen Euro verkauft. Das Verfahren hatte der Landesrechnungshof jüngst in einem Prüfbericht scharf kritisiert. Die Behörde wirft vor allem dem damals von Rainer Speer (SPD) geführten Finanzministerium schwere Fehler vor. So sollen die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit nur unzureichend beachtet sowie die Liegenschaft unter Wert verkauft worden sein. Speer trat im September nach massivem öffentlichen Druck – auch wegen anderer Vorwürfe – als Innenminister zurück. Am Dienstagnachmittag wollte sich der neu konstituierte Untersuchungsausschuss des Landtages mit den Immobiliengeschäften beschäftigen.
Sowohl Ludwig als auch FDP-Fraktionschef Andreas Büttner und Grünen-Fraktionschef Axel Vogel verlangten von Platzeck rückhaltlose Aufklärung. Es sei politisch falsch, hier weiter zu schweigen und nicht endlich in die Offensive zu gehen, meinte Vogel.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Holzschuher räumte mit Blick auf den Krampnitz-Verkauf ein: »Es gibt sehr merkwürdige Dinge bei der Vertragsabwicklung.« Allerdings sei eine mögliche frühere Stasi-Tätigkeit der BBG-Führung rein vertrags- und vergaberechtlich irrelevant. »Ich verstehe die Diskussion daher nicht so richtig.« Holzschuher erinnerte daran, dass BBG-Chef Marczinek CDU-Mitglied sei und dessen Partei seinerzeit als Regierungspartei an der Veräußerung des Kasernengeländes beteiligt war.
Ihr passe tatsächlich nicht, dass Marczinek und der am Krampnitz-Verkauf Beteiligte Thilo Steinbach CDU-Mitglieder sind, betonte Saskia Ludwig. Marczinek gehöre jedoch nicht dem Landesverband Brandenburg an, Steinbachs Mitgliedschaft sei Sache des Kreisverbandes Potsdam.
Beide bekleiden überdies Vorstandsposten beim Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03, wo Speer Präsident ist. Der Ex-Minister sei offensichtlich von ehemaligen Stasi-Leuten umgeben, erklärte Büttner.
Angesichts dieser Erkenntnisse sollten die Mitglieder von Babelsberg 03 über Neuwahlen ihrer Vereinsspitze nachdenken, riet der Grünen-Politiker Vogel. Den geforderten umgehenden Verkaufsstopp für die BBG begründete er auch damit, dass das vormals landeseigene und 2006 privatisierte Unternehmen anscheinend über Tochter- und Nebenfirmen sogenannte In-sich-Geschäfte abgeschlossen habe.
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