Verkehr als Wunschkonzert

Friedrich-Ebert-Stiftung: Planung grundlegend umstellen

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 3 Min.
Sieben Jahre nach dem Beschluss des Bundesverkehrswegeplans zog die Friedrich-Ebert-Stiftung am Mittwoch Bilanz. Ergebnis: Viele Vorhaben sind fragwürdig, die Bevölkerung von Entscheidungen ausgeschlossen.

Es ist Halbzeit für den Bundesverkehrswegeplan, der 2003 vom rot-grünen Kabinett beschlossen wurde und bis 2015 gilt: Auf dem Papier gelten sage und schreibe 873 Fernstraßen-, Schienen- und Wasserstraßenprojekte als »vordringlicher Bedarf«. Hinzu kommen 750 Straßen- und 21 Schienenprojekte des »weiteren Bedarfs«.

Besteht für solchen Neu- und Ausbau wirklich Bedarf? Manche zweifeln. Ob eine Autobahn oder Straße dieser Wünsch-Dir-was-Liste dringlich und bauwürdig ist, bestimmen nicht Fachleute aus Verkehrsplanung und -wissenschaft, sondern stellen die Interessenten an den Baustellen sowie Politiker einfach fest. Letztere mit der Absicht, ihren Anhängern im Wahlkreis etwas Gutes zu versprechen. Wäre es anders, könnte es nicht geschehen, um nur zwei Beispiele zu nennen, dass Schwedt eine Ortsumgehung erhielt, auf der nur minimaler Autoverkehr herrscht. Nach Wiesbaden wurde für 280 Millionen Euro eine Verbindung zur Hochgeschwindigkeitsstrecke Köln-Rhein/Main geschaffen, über die montags bis freitags zwei ICE fahren, am Wochenende gar keine.

Von der Bewertung der Projekte ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Wenn sich nach 20 Jahren die Verkehrssituation verändert hat, gelten weiter die alten Begründungen. Dass der Bundesverkehrswegeplan auch nicht die Wirkung von Neu- und Ausbau auf das Straßen- und Eisenbahnnetz berücksichtigt, ist genauso fatal. Dafür steht die teure ICE-Strecke zwischen Frankfurt am Main und Köln, deren Tempo 300 vor dem Knoten Köln endet. Dieser Engpass kam im Projekt nicht vor.

Über manche Umstände der bürokratischen Planwirtschaft waren sich die Fachleute auf dem von der Friedrich-Ebert-Stiftung veranstalteten Forum »Bundesverkehrsnetzplanung statt Bundesverkehrswegeplan« am Mittwoch uneins. Aber sie beanstandeten einhellig, dass die Zeit reif für einen Umschwung ist, zumal das Geld für den Wunschbau der Autobahnen, Straßen und Schienenwege nicht ausreicht. Die Politiker und die Deutsche Bahn sind auf schnelle Trassen fixiert. Dabei würden auch kleine Verbesserungen Kapazitätsengpässe beheben. Nur ist mit ihnen kein Staat zu machen.

Einmütigkeit bestand im Forum auch darüber, dass Deutschland in der Verkehrswegeplanung nach dem Vorbild Frankreichs eine nationale Komponente braucht. Regionale Verkehrsprobleme sollten in den Ländern und Kreisen gelöst werden. Außerdem seien die Weichen in Richtung Erhaltung der Straßen, Schienen und Wasserwege zu stellen. Die Schäden nach dem vergangenen Winter zeigten, wie Instandhaltung unterschätzt wurde. Dafür wuchs die Länge der Autobahnen von 1990 bis 2009 um ein Drittel. Neu- und Ausbau haben weiter Vorrang.

Über dem Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung schwebte der Geist von »Stuttgart 21«. Nun ist von Demokratisierung der Planungsverfahren die Rede. Es wurde deutlich, wie unvollkommen oder lediglich formal die Bürgerbeteiligung am Bauvorhaben Tunnelbahnhof war. Einsprüche blieben einfach unbeachtet. Nur wie der Souverän in die Verkehrsplanung künftig einbezogen werden sollte und ob er ein Projekt bewerten darf, darüber gingen die Meinungen dann wieder weit auseinander.

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