Der »weiße Ritter« aus Katar
Das reiche Emirat steigt beim Bauriesen Hochtief ein und erschwert die Übernahme durch ACS
Essen/Berlin (dpa/ND). Der Baukonzern Hochtief erhält im Abwehrkampf gegen die Übernahme durch die spanische ACS Hilfe aus Katar. Die Finanzholding des Emirats werde im Rahmen einer Kapitalerhöhung alle neuen Aktien zum Preis von 57,11 Euro je Stück erwerben und damit künftig knapp 9,1 Prozent der Anteile an dem deutschen Unternehmen halten, teilte Hochtief am Montag in Essen mit. Gleichzeitig wurde eine Vereinbarung über eine strategische Kooperation getroffen.
Damit allein kann Hochtief die Übernahme durch ACS zwar nicht verhindern, sie wird jedoch erheblich teurer. Branchenkenner halten es auch für denkbar, dass Katar als »weißer Ritter« mit den Spaniern nun über den Kauf ihres Aktienpakets spricht oder auf anderem Weg weitere Hochtief-Anteile erwirbt. So werden freundlich gesinnte Investoren bezeichnet, die bei einer drohenden feindlichen Übernahme zu Hilfe eilen. Die Aktie von Hochtief legte am Montagvormittag kräftig um 5,62 Prozent auf 63,50 Euro zu.
Hochtief-Chef Herbert Lütke-Stratkötter wollte am Montag keinen Zusammenhang der Kapitalerhöhung zum ACS-Übernahmekampf herstellen. Er betonte in einer telefonischen Pressekonferenz, dass der Einstieg Katars kurzfristig bis zum Jahresende erfolgen solle. Pläne für weitere Kapitalerhöhungen gebe es derzeit nicht, grundsätzlich seien jedoch weitere Maßnahmen im Umfang von bis zu 20 Prozent möglich.
»Es ist ein Signal der Hoffnung«, sagte Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Mit dem Einstieg von Katar erhöhten sich die Chancen für eine Abwehr gegen den Angreifer ACS. »Es muss aber noch mehr aus Katar kommen«, betonte Cabras.
Hochtief fließen durch die Kapitalerhöhung rund 400 Millionen Euro zu. Katar war bereits seit Längerem als Investor im Gespräch. Die Katar-Holding hält indirekt auch Anteile an den Autokonzernen Volkswagen und Porsche. Im Frühjahr erwarb sie das Londoner Luxuskaufhaus Harrods. Zuletzt hatte das Emirat am Persischen Golf Schlagzeilen gemacht, als es überraschend zum Ausrichter für die Fußball-WM 2022 bestimmt wurde. Dort sind große Infrastruktur- und Stadionbauten geplant; Hochtief wurden schon zuvor gute Chancen bescheinigt, ein erhebliches Stück vom Kuchen abzubekommen. Durch den Einstieg können die Araber auf die Technologie des international aufgestellten Essener Konzerns bauen.
Der deutsche Bauriese wehrt sich gegen eine Übernahme durch ACS, musste im Abwehrkampf zuletzt mehrere Schlappen einstecken. Der Einstieg eines neuen Großaktionärs galt als eine der letzten Möglichkeiten, um die Übernahme noch zu verhindern. Bisher hält ACS einen Anteil von knapp 30 Prozent an Hochtief – nach der Kapitalerhöhung reduziert sich dieser auf 27 Prozent.
Das in der vergangenen Woche offiziell vorgelegte Übernahmeangebot durch ACS schätzen Aktionärsschützer als unattraktiv ein. Die Spanier hatten angekündigt, ihren Hochtief-Anteil zunächst nur leicht erhöhen zu wollen, um später mit Zukäufen über die Börse auf mehr als 50 Prozent aufzustocken.
Hochtief ist heute bereits stark in Katar engagiert und beschäftigt dort über Tochtergesellschaften mehr als 5000 Mitarbeiter. Eines der Projekte mit Hochtief-Beteiligung ist eine geplante Brücke zur benachbarten Insel Bahrain – nach Angaben des Konzerns die längste Länderverbindung der Welt.
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