Warmlaufende Wahlkämpfer
In Rheinland-Pfalz liegt die CDU derzeit nur knapp hinter der SPD
Nach 20 Jahren SPD-Herrschaft in Rheinland-Pfalz setzt die Landes- CDU voller Zuversicht auf ein neues Gesicht. Julia Klöckner, die Landeschefin kämpft mit unermüdlichem Einsatz für den Machtwechsel im einstigen Stammland von Helmut Kohl. Der langjährige SPD-Ministerpräsident Kurt Beck (61) weiß, dass er alles geben muss, um für weitere fünf Jahre in der Mainzer Staatskanzlei regieren zu können.
Kaum Rückenwind
Die 37-jährige Herausforderin aus Bad Kreuznach geht nach einem Schnellgang durch alle Partei-Gremien bis an die Spitze der Landes-CDU mit Unterstützung der Kanzlerin ins Rennen. Ginge Rheinland-Pfalz bei der Wahl am 27. März an die CDU, verschöbe dies die Gewichte im Bundesrat zu Gunsten von Angela Merkel.
Auch auf Bundesebene war es für Klöckner nach dem Einzug in den Bundestag in 2002 steil nach oben gegangen: Sie wurde in Berlin Parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium – ein Posten, der öffentliche Wahrnehmung garantiert und im agrarisch strukturiertem Rheinland-Pfalz besonders wertgeschätzt wird. Zur Zeit allerdings verspürt die ehrgeizige Hoffnungsträgerin kaum Rückenwind aus Berlin. Dies ganz im Gegensatz zu dem allein regierenden Beck, der sich die Bemerkung nicht verkneifen konnte: »Die Rheinland-Pfälzer werden es sich überlegen, ob sie sich das Chaos ins Land holen wollen.«
Bei einem Wahlsieg will Klöckner auf den demografischen Wandel reagieren und ein Generationen-Ministerium einführen. Auch will sie eine Schuldenbremse in der Landesverfassung verankern, hat Rheinland-Pfalz doch Schulden von 21 Milliarden Euro angehäuft. Beck sei »der Grieche« unter den Ministerpräsidenten, stichelt Klöckner. Beck verweist in seiner Erfolgsbilanz auf kostenlose Kindergartenplätze und den Rechtsanspruch auf Krippenplätze ab dem zweiten Lebensjahr.
Je näher die Wahl rückt, desto härter wird die Auseinandersetzung im Landtag. Fordert die CDU-Opposition in der Affäre um die Kostenexplosion beim Schlosshotel in Becks Geburtsort Bad Bergzabern Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft, so hat die SPD einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Finanzaffäre der CDU- Landtagsfraktion zwischen 2003 und 2006 durchgesetzt. Dieser Ausschuss bereitet der Opposition erhebliche Kopfschmerzen, zum einen, weil sie 480 000 Euro Landeszuschüsse zurückzahlen muss, deren rechtmäßige Verwendung sie nicht belegen konnte. Zum anderen fürchtet man, dass weitere finanzielle Ungereimtheiten zutage treten könnten, die der politische Gegner mit großer Wahrscheinlichkeit ausschlachten würde.
LINKE bei fünf Prozent
Bei der sogenannten Sonntagsfrage kommt die SPD in Mainz aktuell auf 36 Prozent und rangiert damit vor der CDU mit 34 Prozent. Die FDP liegt fast im Bundestrend und würde mit vier Prozent nicht mehr in den Landtag einziehen. Die Grünen verzeichneten mit 16 Prozent einen Rekordwert und wollen den bis zur Wahl auch halten: »Wir wollen mit einem zweistelligen Ergebnis die Rückkehr in den Landtag schaffen und in Rheinland-Pfalz mitregieren«, so Grünen-Spitzenkandidatin Eveline Lemke auf dem Landesparteitag. Die LINKE liegt derzeit bei fünf Prozent und hätte Chancen, erstmals im Parlament vertreten zu sein.
Bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten würde sich etwa jeder Zweite – 54 Prozent – für Beck entscheiden, Julia Klöckner könnte mit 32 Prozent rechnen. Das Nachsehen hat der sich volksnah gebende Landesvater gegenüber seiner Herausforderin lediglich beim Thema Modernität, wo ihn Klöckner klar distanzieren kann. Was diese nicht daran hindert, bei selbstbewussten Auftritten in Festzelten gerade ihre Volkstümlichkeit unter Beweis zu stellen.
Spur ins Kloster
Mainz (dpa/ND). Die Mainzer Staatsanwaltschaft bestätigte Medienberichte vom Donnerstag, wonach die Ermittlungen wegen mutmaßlich illegaler Geldflüsse der rheinland-pfälzischen CDU-Landtagsfraktion ausgeweitet worden seien. Im Raum stünden rund 40 000 Euro der Stiftung Kloster Eberbach, mit denen ihr früherer Manager, Ex-Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen, einst Forderungen der CDU-Fraktion bezahlt haben soll.
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