Vattenfall auf dem Holzweg

Kritik an Verbrennung liberianischer Bäume für Berliner Energieversorgung

  • Jürgen Weber
  • Lesedauer: 3 Min.

»Waren-, Rohstoff- und Energieimporte aus Entwicklungsländern müssen sozial und ökologisch gerecht gestaltet werden«, forderten unlängst der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag (BER) und seine Mitglieder von der Berliner Landespolitik. Der angekündigte Kurswechsel des Energieversorgers Vattenfall hin zu »mehr Klimaschutz«, wonach in Berliner Kraftwerken der Anteil der Kohle reduziert und durch Holz ersetzt werden soll, hat für viel Beifall in der Politik gesorgt. Für umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen geht es aber in eine falsche Richtung – so jedenfalls das Fazit eines Fachgesprächs, zu dem der BUND, Attac, der Verein PowerShift und andere eingeladen hatten.

Für Biomasseheizkraftwerke in Lichtenberg und im Märkischen Viertel, einschließlich der Beifeurung von Holz in bestehenden Anlagen, benötigt Vattenfall etwa eine Millionen Tonnen Holz im Jahr. Um diesen Bedarf, der aus regionaler Produktion nicht beschafft werden kann, decken zu können, hat der Energieversorger einen Vertrag mit dem niederländischen Unternehmen Buchanan Renewable Energy (BRE) über die Lieferung von Gummibaumholz in Form von Holzchips aus Liberia geschlossen.

Aus rein rechnerischer Sicht ist die Verbrennung von Holz »klimaneutral«, so Hartmut Berger vom »Ökowerk Berlin«. Aus einer klimapolitischen Gesamtschau müsse die künftig geplante Nutzung von Holz aber »deutlich negativ« bewertet werden. Das auf Liberias Plantagen anfallende Holz reiche demnach nur für wenige Jahre, so dass der Schritt in weitere Holzreservoirs und den Regenwald nicht ausgeschlossen werden kann. Die Nutzung von Holz für die Energieversorgung Berlins sei zudem unnötig, denn selbst auf kurze Sicht wären Alternativen möglich, unter anderem durch die mit Erdgas betriebenen Gas- und Dampf-Turbinenanlagen oder geothermische Wärme aus dem Untergrund Berlins. Mit der Zufeuerung von Holz gehe es Vattenfall vor allem darum, den notwendigen Zukauf an CO2-Lizenzen zu immer höheren Preisen auf dem EU-Emmissionsmarkt zu verringern.

Auch aus entwicklungspolitischer Perspektive ist das Vorhaben umstritten. Durch den Export von Holzchips auf externe Märkte, die besser für den Brennstoff zahlen als es Liberias Energieversorger tun, könnten die Bemühungen des Landes nach Wiederbelebung seiner brach liegenden Kautschukplantagen konterkariert werden. Ebenso sei es unklar, wie die Einhaltung von Prinzipien einer nachhaltigen Waldwirtschaft und von sozialen Standards gewährleistet werden soll. Der Umgang von BRE mit den Kautschukbauern lasse daran ebenso Zweifel aufkommen wie anhaltende Berichte über die teils menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen auf den Plantagen.

Daher ist es für die Nichtregierungsorganisationen »völlig inakzeptabel«, dass der Berliner Senat und Vattenfall erst nach Vertragsunterzeichnung untersuchen lassen, ob und wie die benötigte Biomasse »nachhaltig und sozial verträglich« erzeugt werde. Reinhold Buttgereit, Leiter der Berlin-Repräsentanz von Vattenfall, kündigte an, dass die Ergebnisse eines unabhängigen Gutachtens zu diesen Kriterien im Januar 2011 vorgelegt werden.

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