Drei Kündigungen in vier Monaten
Streitbarer Personalratsvorsitzender im Visier der Uniklinik Erlangen
ND: Was ist der Grund für die dritte Kündigung?
Schneeweiß: Es ist absurd: Jetzt versucht der Arbeitgeber den Kollegen Ehnes wegen des Überschreitens der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden außerordentlich zu kündigen. Der Personalrat hat sich wieder gegen die Kündigung ausgesprochen. Dazu muss man wissen: Ehnes ist voll freigestellt, als Personalrat übt er ein Ehrenamt aus. Insofern ist es schon seltsam, wie man da auf Arbeitszeit und Arbeitszeitbegrenzung kommt.
Ist das rechtlich haltbar?
Auf keinen Fall. Es ist wichtig, dass zehn Stunden Höchstarbeitszeit nicht überschritten werden können. Aber wenn ich nach zehn Stunden Arbeitszeit nach Hause gehe und dort ehrenamtlich weiterarbeite, greift der Gesetzgeber nicht ein. Etwas anderes kann nicht gelten für eine ehrenamtliche Tätigkeit als Personalratsvorsitzender. Und er wird natürlich auch außerhalb des Uniklinikums von Kollegen angesprochen. Soll man das als Überstunden eintragen oder nicht? Das ist an den Haaren herbeigezogen und soll Hajo Ehnes noch weiter kompromittieren und nervös machen, damit er irgendwann wirklich einen Fehler macht.
Dem Uniklinikum selbst werden Arbeitszeitverstöße vorgeworfen ...
Ja, der Personalrat beklagt seit Jahren Arbeitszeitverstöße. Das Gewerbeaufsichtsamt war schon eingeschaltet, weil Leute länger als zehn Stunden pro Tag gearbeitet haben. Insofern ist das jetzt eine billige Retourkutsche.
Der Grund für die ersten Kündigungen war Beleidigung. Ver.di sagt dagegen: Der Ton zwischen Arbeitgeber und Personalrat darf schärfer sein. Inwiefern?'
Im Interesse der Augenhöhe hat der Personalrat nicht in dem Maße wie ein normaler Arbeitgeber auf einen jederzeit höflichen und freundlichen Umgangston zu achten. Vielmehr dürfen Auseinandersetzungen in der Sache in einem schärferen Ton erfolgen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Natürlich gibt es da Grenzen. Aber die Ehnes vorgehaltenen Äußerungen waren zum Teil schlichtweg witzig, teilweise auch pointiert, aber vom Straftatbestand der Beleidigung weit, weit entfernt.
Wie bewerten Sie das Vorgehen der Klinikspitze?
Gerade die Kontinuität und Beharrlichkeit der Vorwürfe deutet klar darauf hin, dass das Uniklinikum schlichtweg einen unbequemen Personalrat loswerden will. Ehnes war unser Streikführer bei den Tarifauseinandersetzungen 2006 – ein Streik, der seinen Namen wirklich verdiente, Ehnes bekam sogar Hausverbot. Es ist auf Zermürbung hin ausgelegt, auf eine Eskalation. Der Imageschaden für das Uniklinikum ist enorm, aber der Leitung scheint es egal zu sein, ob sie als ausgesprochen arbeitnehmer- und personalratsfeindlich dasteht.
Welche Reaktionen hat ver.di bisher auf seine Solidaritätskampagne für Hajo Ehnes erhalten?
Personal- und Betriebsräte von über 80 Krankenhäusern haben sich gegen dieses unsägliche Vorgehen ausgesprochen. Verwaltungsdirektor Gebhard hat schon über 800 Protestfaxe, Briefe und E-Mails bekommen. Die Leute fragen sich, ob die Leitung mehr damit beschäftigt ist, sich mit einem ihr unliebsamen Personalrat auseinanderzusetzen als mit einer vernünftigen Pflegequalität. Im Klinikum selbst gibt es eine Kampagne mit über 700 Unterschriften. Heute findet eine Mahnwache statt, wo wir Gebhard die Unterschriftenliste übergeben. Es ist ein Signal dafür, dass er andere Formen der Konfliktlösung finden soll, als mit der Vernichtung von Ehnes Existenz zu drohen.
mittelfranken.verdi.de/aktionen_2010/solidaritaet-mit-hajo-ehnes
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