Proteststurm gegen bayerische Sparpläne
Besonders der öffentliche Dienst betroffen
München (dpa/ND). Unmittelbar vor dem heutigen Kabinettsbeschluss zum nächsten Doppelhaushalt laufen Gewerkschaften und Opposition noch einmal Sturm gegen die Sparpläne der Staatsregierung. Der Bayerische Beamtenbund (BBB) kritisierte am Montag mit scharfen Worten die geplanten Kürzungen bei den Staatsdienern. »Wir haben es satt, als Sparpotenzial missbraucht zu werden«, sagte BBB-Chef Rolf Habermann in München. Er drohte der schwarz-gelben Staatsregierung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erneut mit Klagen gegen die Kürzungen. Am Montagnachmittag wollten die Gewerkschaften DGB, ver.di, GEW und GdP einen Protestbrief samt Unterschriftenlisten an Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) übergeben. Die Landtags-SPD kritisierte, die Beamten müssten für das BayernLB-Desaster zahlen.
Gewerkschaften und Opposition verurteilen vor allem die geplante Nullrunde für die Beamten im kommenden Jahr und die Absenkung der Einstiegsgehälter für Berufsanfänger. Die Beamten seien »stocksauer«, sagte Habermann und nannte die geplanten Kürzungen »weder gerecht noch sozial«. Die Staatsdiener seien zwar bereit, einen Beitrag zu einem gesunden Haushalt zu leisten – aber sie wollten nicht einseitig belastet werden. Doch während die Kommunen nun mehr Geld bekämen als geplant und die Ministerien weniger sparen müssten als ursprünglich angekündigt, müssten die Beamten nach wie vor den angekündigten Sparbeitrag leisten – abgesehen höchstens von minimalen Korrekturen.
Sollten die Pläne so umgesetzt werden, dann hätte dies »sicherlich Auswirkungen auf die Leistungsbereitschaft«, drohte Habermann. Zudem stellte der BBB Klagen gegen die Kürzungen in Aussicht. »Wir behalten uns eine juristische Prüfung ausdrücklich vor«, betonte der BBB-Vorsitzende. Die Besoldung der Beamten sei keine beliebig variable Größe, die sich nach haushaltspolitischen Erwägungen richten könne.
Die Gewerkschaften warnen davor, dass der Öffentliche Dienst durch die geplanten Kürzungen zunehmend unattraktiv für junge Leute wird – und das in Zeiten eines drohenden Fachkräftemangels. Die Sparpläne seien deshalb »absolut kontraproduktiv«, kritisierte Habermann. Der Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, Klaus Wenzel, sagte: »Das ist nicht nur ein verheerendes Signal für junge Leute, die mit dem Gedanken spielen, den Lehrerberuf zu ergreifen, es führt auch dazu, dass gut ausgebildete junge Lehrer offener für lukrativere Angebote aus der freien Wirtschaft werden.« In der Summe führe der Doppelhaushalt zu einer weiteren Schwächung der Schulen.
Der SPD-Politiker Stefan Schuster kritisierte, die Bediensteten des öffentlichen Dienstes sollten »praktisch im Alleingang die Lasten des Landesbankdebakels tragen«. »Die Staatsregierung reagiert auf das von der CSU verursachte Fiasko der BayernLB mit sozial ungerechten, demotivierend wirkenden und zu Nachwuchsproblemen führenden Kürzungen im Bereich des öffentlichen Dienstes«, klagte der SPD-Politiker. Der öffentliche Dienst dürfe aber nicht zum Bauernopfer gemacht werde.
Nach wochenlangem Gezerre will das Kabinett den Doppelhaushalt 2011/2012 am heutigen Dienstag beschließen. Der Gesamtumfang des Etats bleibt in den kommenden beiden Jahren bei gut 42 Milliarden Euro konstant. Hinzu kommt aber noch das Investitionsprogramm »Aufbruch Bayern«, in das über mehrere Jahre verteilt 1,05 Milliarden Euro fließen sollen. Gleichzeitig müssen die Ministerien trotz sprudelnder Steuereinnahmen sparen, um den ausgeglichenen Haushalt zu schaffen.
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