S-Bahn bekommt noch drei Jahre

Eisenbahn-Bundesamt erteilt Betriebsgenehmigung / Angestellte schreiben offenen Brief an Grube

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Von der Montage festerer Radsätze erhofft sich die S-Bahn weniger Werkstattaufenthalte.
Von der Montage festerer Radsätze erhofft sich die S-Bahn weniger Werkstattaufenthalte.

Der Unmut wegen des verminderten S-Bahn-Verkehrs unter den Berlinern ist derzeit enorm. Doch die größtmögliche Katastrophe bleibt aus. Auf den allerletzten Drücker erteilte gestern das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) aus Bonn der Berliner S-Bahn bis Ende 2013 eine Betriebsgenehmigung, so dass die Räder im Schnellbahnnetz auch nach dem 1. Januar 2011 rollen. Der theoretisch mögliche Totalausfall der S-Bahn ist damit abgewendet. Im Vorjahr gab es nach den riesigen Problemen und dem S-Bahn-Chaos nur eine einjährige Genehmigungsverlängerung.

Bei der aktuellen Entscheidung für die drei Jahre spielte nach Angaben der Bundesbehörde vor allem eine Rolle, »dass das Unternehmen 2010 einiges getan habe, um die Instandhaltung der Fahrzeuge und die Sicherheit des S-Bahn-Betriebes zu verbessern«. Nun müsse es beweisen, dass seine veränderten Prozesse geeignet sind, eine sichere Betriebsführung dauerhaft zu gewährleisten, erklärten die Pressesprecher der Bundesbehörde knapp.

Für die jetzt in der Kälte wartenden Fahrgäste klingen solche Sätze sicher wie Hohn. Schließlich kann von einem geregelten Ablauf derzeit mal wieder keine Rede sein. Denn die Bahn-Tochter konnte gestern aufgrund von »witterungsbedingten Störungen und erhöhten Instandhaltungsbedarfes« viele Linien nur noch im 20-Minuten-Takt bedienen. Statt 434 Doppelwagen, wie im Notfallfahrplan vorgesehen, verkehrten am Dienstag etwa nur 278 Doppelwagen. Vertraglich festgelegt sind mit dem Land Berlin aber 562 Doppelwagen.

Trotz aller Probleme gibt es aber noch einen Lichtpunkt am Ende des Tunnels: Die S-Bahn gab bekannt, dass sie in diesen Tagen begonnen habe, bruchgefährdete Achsen und Räder an den Zügen auszutauschen. Rund 50 Millionen Euro kostet die Maßnahme für rund 4000 Radsätze der Baureihe 481. Bis Ende 2011, so die Bahn-Tochter, soll die Maßnahme abgeschlossen sein. »Nach umfangreichem Zulassungsprozess und kräftezehrenden praktischen Vorarbeiten wird das Tauschprogramm jetzt mit Hochdruck umgesetzt«, kündigte Peter Buchner, Sprecher der S-Bahn-Geschäftsführung an. Radbrüche und Probleme mit den Achsen waren der Ausgang der S-Bahnkrise im Mai 2009. Damals war ein S-Bahn-Waggon in Kaulsdorf wegen eines Radbruches entgleist, woraufhin das EBA verstärkte Kontrollen gefordert hatte, die wiederum zu Wartungsausfällen bei den Waggons führten.

Diese Probleme sind jedoch nur eine Seite der Medaille des S-Bahn-Chaos: Schließlich bricht der Betrieb in diesem Winter bereits das dritte Jahr hintereinander zusammen. Hauptleidtragende sind sicher die Fahrgäste, die oftmals auch nicht wissen, wo sie mit ihrem berechtigten Frust hin sollen. Oftmals bekommen die Wut laut S-Bahn-Betriebsrat die Mitarbeiter des Unternehmens ab. Sie werden bespuckt, beleidigt und erleben sogar tätliche Angriffe, schreibt der Betriebsrat in seinem Informationsblatt für die S-Bahner.

Die rund 3000 Angestellten des Unternehmens reagierten auf ihre Art. Sie wandten sich inzwischen mit einem offenen Brief an den Bahnchef Rüdiger Grube. »Die von Ihnen zugesagte Unterstützung der S-Bahn Berlin GmbH hatten wir uns wahrhaftig anders vorgestellt. Ihre Botschaft stellte sich jedoch als Phrase heraus«, heißt es in dem Schreiben. Hauptschuldig an der aktuellen desaströsen Lage sei demnach nicht etwa der Wintereinbruch, sondern die »absolut unzureichende Leistung der DB Netz AG«, die die Infrastruktur betreut. Genau wie die S-Bahn sei auch die DB Netz der »Gewinnmaximierung« unterworfen, die der S-Bahn-Betriebsrat als Hauptursache für das Debakel ausgemacht hat.

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