Die kleinen Tricks des Finanzministers
Sachsens Rechnungshof moniert Etat-Wirrwarr
Wenn selbst die Rechnungsprüfer im Haushalt nicht mehr durchsehen, ist etwas faul. In den Ausgabeplänen des Landes, klagt Karl-Heinz Binus, der Chef des sächsischen Rechnungshofes, wimmle es inzwischen von »Ketten von Vermerken«, die es erlauben, Geld zu einem anderen Zeitpunkt oder für andere Zwecke einzusetzen. Selbst die Fachleute in seiner Behörde, die wie kaum eine andere auf Finanzen spezialisiert ist, »steigen da kaum noch durch«, sagt Binus.
Viele Abgeordneten im Dresdner Landtag geht es ebenso. Als sie den tausende Seiten starken Doppelhaushalt 2012/13 auf den Tisch bekamen, stöhnten sie angesichts unübersichtlicher Zahlenreihen und endloser Vermerke, die zudem offenbar in jedem Ministerium nach eigenen Regeln gehandhabt wurden. Der Etat sei schlampig gearbeitet, wetterte Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau; selbst die schwarz-gelbe Regierungskoalition forderte Nachbesserungen, die in Form eines erneut tausende Seiten umfassenden Pakets geliefert werden mussten.
Flucht in Nebenhaushalte
Der Haushalt ist seit Dezember beschlossen; doch über die Kritik ist weiter zu reden. Diese zielt schließlich nicht nur auf eine gründlichere Erstellung des Zahlenwerkes, sondern auf politisch Grundsätzliches. Er beobachte eine »Flucht in Nebenhaushalte«, erklärte Binus gestern in einer Anhörung im Landtag und verdeutlichte, welchen Effekt das hat: Der Landtag wird zunehmend seines vornehmsten Rechts beraubt, nämlich dem zur Erstellung des Budgets. Binus sieht eine »Übertragung haushaltsrechtlicher Entscheidungen auf die Exekutive«; die Verwendung des Geldes entspreche damit am Ende nicht mehr unbedingt »dem politischen Willen des Gesetzgebers«. Die Opposition hatte CDU-Finanzminister Georg Unland sogar vorgeworfen, mehr zu sparen als nötig und das Geld im Etat zu verstecken, damit vor der Landtagswahl 2013 Reserven für Wahlgeschenke vorhanden seien.
Milbradt: Regeln veraltet
Freilich: Ein Verstoß gegen die Verfassung sei das noch nicht, sagt Ronald Weckesser, der langjährige Finanzfachmann der LINKEN. Er berät inzwischen die in Dresden mitregierende FDP in Haushaltsfragen und nennt den Sparetat denn »mutig«. Ein Tauziehen zwischen Regierung und Parlament habe es seit Jahren gegeben, vor das Verfassungsgericht sei nie eine Fraktion gezogen.
Rechtliche Verstöße vermochte auch der dritte Prominente in der Sachverständigen-Runde nicht zu erkennen: Georg Milbradt, der seit seinem Rücktritt 2008 weitgehend aus der Politik abgetauchte Ex-Ministerpräsident und Ex-Finanzminister. Zwar gebe es »Wildwuchs« im Etat, doch dass von der Regierung ein »völlig anderer Haushalt exekutiert« werde als im Parlament beschlossen wurde, sei »im Wesentlichen nicht der Fall«.
Milbradt bemängelte aber, die Regeln zur Etataufstellung und -abrechnung seien veraltet. Kontrolliert werde, ob »alle Belege und zwei Unterschriften da sind«; ob die Ausgabe tatsächlich sinnvoll war, »fragt keiner«. Nach diesen Regeln »wird heute kein Betrieb mehr geführt«, sagte Milbradt. Er verlangte, das Parlament solle künftig weniger kontrollieren, auf welche Weise genau das Geld in verschiedene Finanztöpfe verteilt und ausgegeben wurde, sondern ob die politischen Ziele erreicht worden seien.
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