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Weggesperrt, trotzdem Perspektive
Brandenburger und Berliner Justiz entwickeln Konzept für Umgang mit Sicherungsverwahrten
Sicherungsverwahrte sind jene Straftäter, die sich in der Regel schwerer und schwerster Verbrechen schuldig gemacht haben und die nach Verbüßung ihrer Haftstrafen weiter festgehalten werden. Als Schutz vor der Allgemeinheit, weil von ihnen möglicherweise weiterhin eine Gefahr ausgeht. In Berlin sind es 42 Personen, die zur Zeit in Sicherungsverwahrung genommen sind, in Brandenburg acht. Für weitere 52 Berliner Strafgefangene, die gegenwärtig hohe Haftstrafen verbüßen, tritt nach Ende ihrer Verurteilung die Sicherheitsverwahrung in Kraft. Und die Zahl wird in den nächsten Jahren weiter ansteigen. In Brandenburg wird sich die Zahl bis 2020 wahrscheinlich auf 20 erhöhen.
Wie mit ihnen umgehen, nachdem in den letzten Monaten die mögliche Freilassung von Sexualstraftätern aus der Sicherungsverwahrung für viel Wirbel gesorgt hat? Befördert wurde die Diskussion auch durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009, dass eine in Deutschland praktizierte rückwirkende Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechtskonvention verstößt.
Die Justizverwaltungen von Berlin und Brandenburg stellten dazu gestern in Potsdam ein gemeinsames Konzept vor, das von einer Spezialistengruppe aus Juristen, Psychologen und Gefängnismitarbeitern beider Länder erarbeitet wurde.
Im Mittelpunkt der Überlegungen, die dann in konkrete Gesetze in beiden Bundesländern münden sollen, steht die Reintegration der Gefangenen in die Gesellschaft und nicht eine möglichst lange Haftzeit, erklärten übereinstimmend Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) und Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (LINKE). Grundlage dafür müsse eine qualifizierte Diagnose durch spezialisierte Mitarbeiter zu Beginn der Haftzeit, ein ausgefeilter Vollzugsplan sein, der auch langjährig Inhaftierten eine Perspektive auf ein Leben in Freiheit eröffnet, erklärten die Minister. Die Senatorin nannte drei Gruppen von Verwahrten, auf die es unterschiedlich zu reagieren gilt. Die Spanne reicht vom hochgefährlichen Täter über den Behandlungswilligen mit hoher Betreuungsintensität bis zu jenen, die aufgrund ihres Alters kaum eine Freiheitsperspektive haben, aber nur geringe Bewachung benötigen.
Die Unterbringung der Sicherungsverwahrten soll sich deutlich von der Haft unterscheiden, denn die Gefangenen haben ihre Strafe ja verbüßt. Doch es geht nicht nur darum, bessere Unterbringungsbedingungen für Verwahrte zu schaffen, sie sollen vor allem eine realistische Chance auf Entlassung erhalten. Deshalb müssen die Therapie- und Bildungsangebote erweitert und mehr qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden. Spezielle Einrichtungen für den Personenkreis sind nicht erforderlich. Sollte es für Freigelassene ein normales Leben »draußen« geben, dann sind auch die Kommunen gefordert, entsprechenden Wohnraum und soziale Betreuung zur Verfügung zu stellen. Schließlich ist ein öffentliches Klima erforderlich, das den Betroffenen die Chance zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht.
Heute töten wir Schwerstkriminelle nicht mehr, konstatierte in einem Spiegel-Beitrag Rechtsanwalt Ferdinand von Schirach. »Wir verwahren sie für immer, kaum besser als ein paar alte Gummistiefel, die man in den Schrank stellt und vergisst.« Dabei sagen statistische Erhebungen, dass die Rückfallquote bei freigelassenen Verwahrten wesentlich geringer ist, als bei Entlassenen aus der Strafhaft. Mit dem neuen Konzept sollen die Unzulänglichkeiten im Umgang mit Sicherungsverwahrten schrittweise überwunden werden.
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