Geplatzte Spekulationsblase

Erneuerbaren Energie: Wichtigster Aktienindex verlor fast 30 Prozent

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Erneuerbare Energien waren im vergangenen Jahr an den Börsen ein Flop. Während weltweit die Aktienkurse boomten, lief es für die »grüne« Industrie schlecht: Ihr Börsenindex Renixx notierte Silvester mit 530 Punkten um rund 30 Prozent niedriger als Ende 2009 – ein Signal für den Wandel in der Branche.

Die Goldgräberstimmung bei grünen Energie-Aktien ist abgeklungen. In wenigen Jahren war der Renixx wie kaum ein anderer Aktienindex in die Höhe geschossen – er verfünffachte seinen Kurs auf zeitweilig über 1800 Punkte. Diese Spekulationsblase platzte mit der Finanzkrise im Herbst 2008. Vergangenes Jahr setzte sich der Negativtrend in gebremster Form fort.

Auch die realwirtschaftlichen Erwartungen wurden durch die tiefste Rezession seit den 1930er Jahren gedämpft. Die regenerative Energiewirtschaft habe die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise heftig zu spüren bekommen, begründet Norbert Allnoch, Direktor des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR), den Kursverfall. Aufträge für Geothermie-Kraftwerke, Offshore-Windmühlen oder Biogasanlagen wurden gestreckt, verschoben oder storniert.

Dämpfend auf die Kurse wirken auch politische Ungewissheiten auf wichtigen Absatzmärkten. So wird bezweifelt, dass der demokratische US-Präsident Barack Obama unter der neuen republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus sein ehrgeiziges Energieziel durchsetzen kann, den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bis 2025 von derzeit 8 auf 25 Prozent zu steigern. Und in Deutschland sorgt die von der Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke für Verwirrung über die zukünftigen Preise für Strom und Energie. Die Erneuerbaren leben aber gerade von der Kluft zwischen Markt- und Subventionspreis. Die Ungewissheit lässt Banken und Industrie vor weiteren Investitionen zurückschrecken.

Für die nähere Zukunft sieht die Deutsche Bank in einer Studie daher nicht unbedingt grün. Wegen der gestiegenen »Regulierungssorgen«, kurzfristig vorsichtigeren Erwartungen der Unternehmen im Photovoltaiksektor und Gewinnwarnungen der Windkraftanlagen-Ausrüster wurden die mittelfristigen Kursziele teilweise sogar halbiert.

Auch wenn die politischen Querelen beigelegt werden, dürfte die Goldgräberstimmung an den Börsen vorbei sein. Wo sich bis vor Kurzem noch kleine, junge und weitgehend unbekannte Firmen tummelten, bestimmen zunehmend einige wenige Global Player das Geschehen. »In allen Bereichen der erneuerbaren Energien wurde und wird konsolidiert, querbeet«, fasst der auf den Energiebereich spezialisierte Unternehmensberater Christian Gotthardt den Trend zusammen. Shell (Photovoltaik), Bayer (Biomasse) oder VW (Blockheizkraftwerke) gehören mittlerweile zu den Top-Adressen, nicht aber zum eher mittelständischen Renixx. Ebenso wenig wie Siemens, das nach Aufkäufen und milliardenschweren Investitionen weltweit zu einem der größten Anbieter von Windparks aufsteigen wird: Bis 2014 baut der Elektrikkonzern vier neue Windkraft-Fabriken in Brasilien, Indien, Russland und England.

Der Trend zur Konsolidierung der Branche mag den ehrgeizigen politischen Zielen für die erneuerbaren Energien auf die Sprünge helfen. Für die Aktienkurse wird dies aber nicht erwartet.


Lexikon

Renixx (Kurzform für: Renewable Energy Industrial Index) ist ein globaler Aktienindex für erneuerbare Energien. Darin werden 30 weltweit führende börsennotierte Unternehmen aus der regenerativen Energiewirtschaft geführt. Es handelt sich eher um Mittelständler als um globale Multis. Darunter finden sich auch hierzulande bekannte Namen wie Nordex, SolarWorld oder Vestas. Der Renixx wird vom Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) in Münster berechnet. ND

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